Verlustverrechnungsbeschränkung bei Pensionspferden

Pferde, die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, können vom Eigentümer in seinem Betrieb gehalten werden, wenn er das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt.

Verlustverrechnungsbeschränkung bei Pensionspferden

§ 15 Abs. 4 Satz 1 EStG kann Vorrang gegenüber einer organschaftlich eigenständigen Einkommenszurechnung zukommen. Der Zuordnung von Tieren zum Tierzweig „übriges Nutzvieh“ steht nicht entgegen, dass die Tiere zum Verkauf bestimmt waren.

Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 EStG dürfen Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Auch der Verlustabzug nach § 10d EStG ist nur bezogen auf Gewinne aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung möglich (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 2 EStG).

Diese Beschränkungen greifen ein, wenn eine an sich landwirtschaftliche Betätigung darin besteht, überhöhte Bestände an Vieh ohne entsprechende landwirtschaftliche Nutzfläche, d.h. ohne die theoretisch notwendige Futtergrundlage, zu halten[1]. Der BFH legt den Begriff der gewerblichen Tierzucht oder Tierhaltung i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG (vormals § 15 Abs. 2 EStG) dem Gesetzeszweck entsprechend restriktiv aus[2]. § 15 Abs. 4 EStG ist auch auf Kapitalgesellschaften anwendbar[3].

Pferde, die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, können vom Eigentümer in seinem Betrieb gehalten werden, wenn er das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt.

Bei einer Pferdehaltung und der Ausbildung der Tiere für den Pferdesport handelt es sich regelmäßig um eine gewerbliche Tierhaltung i.S. von § 15 Abs. 4 EStG, wenn der Betrieb nicht über eine hinreichende Futtergrundlage in Gestalt von landwirtschaftlichen Nutzflächen verfügt. Dabei ist unerheblich, ob die in einem landwirtschaftlichen Betrieb gehaltenen Tiere überhaupt von den Erzeugnissen der landwirtschaftlichen Nutzfläche ernährt werden[4].

Pferde gehören zu den Tierarten, deren Haltung und Zucht in der Regel zur landwirtschaftlichen Nutzung zählen. Die Pferdehaltung und die Pferdezucht werden in Anlage 2 zu § 51 BewG ausdrücklich genannt und den mehr flächenabhängigen Zweigen des Tierbestands zugeordnet. In der Aufzählung der Tierarten bei der Regelung der Vieheinheiten werden Pferde ebenfalls aufgeführt (Anlage 1 zu § 51 BewG). Die Zuordnung zur landwirtschaftlichen Nutzung hängt bei solchen Tierbeständen grundsätzlich nur davon ab, ob die im Betrieb gehaltenen Tiere -gemessen am gesetzlichen Flächenschlüssel- eine ausreichende Futtergrundlage haben[5]. Daraus ergibt sich, dass Einkünfte aus der Pferdezucht und der Pferdehaltung zu den Einkünften aus gewerblicher Tierzucht und gewerblicher Tierhaltung zählen, wenn die Vieheinheitengrenze überschritten wird[6].

Wem Pferde, die in einem Pensionsbetrieb untergebracht werden, im Rahmen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzurechnen sind, hängt nach der neueren Rechtsprechung des VI. Senats des Bundesfinanzhofs davon ab, wer das wirtschaftliche Risiko der Tierhaltung trägt[7].

So sind in dem hier entschiedenen Fall die  Pferde, die die P GmbH in Pension gegeben hat, sind ihr im Rahmen der Ermittlung der Vieheinheiten i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als Eigentümerin der Pferde zuzurechnen. In der Vorinstanz hat hierzu das Niedersächsische Finanzgericht[8] festgestellt, dass die M GmbH und die R GmbH & Co. KG zwar die Grundversorgung der Pferde übernommen hatten, indem sie sie unterbrachten, mit Einstreu und Heu versorgten, fütterten und tränkten sowie ihre Gesundheit überwachten. Unter Gesamtwürdigung aller Umstände seien die Pferde trotzdem der P GmbH zuzurechnen, da diese die Nutzungen und Kosten im eigenen wirtschaftlichen Interesse der Pferdezucht und der Veräußerung der Tiere getragen habe. Das Heu und das Futter habe die P GmbH finanziert. Die Kosten für die Hufpflege und die tierärztliche Versorgung sowie die Versicherung der Tiere habe die P GmbH ebenfalls übernommen. Die M GmbH und die R GmbH & Co. KG hätten nicht für Schäden an den Pferden gehaftet. Alle Entscheidungen hinsichtlich Besamung, Zucht, Ausbildung und Bereiten habe die P GmbH getroffen. Der M GmbH und der R GmbH & Co. KG habe lediglich die Hege und Pflege der Pferde ohne wirtschaftliches Risiko und Kostentragung oblegen. Diese Feststellungen der Vorinstanz verstoßen nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und binden daher den Bundesfinanzhof (§ 118 Abs. 2 FGO).

Dieser Beurteilung steht nicht die ältere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entgegen, nach der Pensionstiere dem Pensionsgeber zuzurechnen sein können.

Nach der Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesfinanzhofs ist die Pensionstierhaltung bei Vorliegen der flächenmäßigen Voraussetzungen in der Regel als Tierhaltung i.S. des § 13 EStG beim Pensionsgeber zu beurteilen. Das Vorliegen einer „Tierhaltung“ i.S. des § 13 EStG hängt grundsätzlich nur davon ab, ob die im Betrieb des Pensionsgebers gehaltenen Tiere -gemessen an dem im Gesetz enthaltenen Flächenschlüssel- eine ausreichende Futtergrundlage haben. Sei dies der Fall, mache es keinen Unterschied, ob es sich dabei um eigene oder fremde Tiere handele, so dass auch die sog. „Pensionstierhaltung“, also das Unterstellen und Füttern fremder Tiere gegen Entgelt, bei Vorliegen der flächenmäßigen Voraussetzungen in der Regel als Tierhaltung i.S. des § 13 EStG anzusehen sei[9].

Diese Grundsätze führen jedoch im Streitfall zu keiner anderen Zuordnung der in Pension gegebenen Pferde. Denn die bei der M GmbH und der R GmbH & Co. KG als Pensionsgeber untergestellten Pferde der P GmbH erhielten -anders als im Regelfall der Pensionstierhaltung- ihre Futtergrundlage von der P GmbH. Zudem hatten die M GmbH und die R GmbH & Co. KG Flächen von der Klägerin gepachtet, so dass eine typische Pensionstierhaltung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs mit Zurechnung der Pferde beim Pensionsgeber im Streitfall nicht vorlag. Folge der im Streitfall bestehenden Besonderheiten, die ein Abweichen von dem vom IV. Senat des Bundesfinanzhofs beschriebenen Regelfall rechtfertigen, ist aber, dass der Frage nachzugehen ist, ob die von der Klägerin an die M GmbH und an die R GmbH & Co. KG verpachteten Flächen für die Ermittlung der Vieheinheitengrenzen der P GmbH zuzurechnen sind. Die hierfür erforderliche Beurteilung, für die weitere Tatsachenfeststellungen zu treffen sind, kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden.

Im Streitfall ist zu entscheiden, ob aufgrund des Pachtvertrages der Klägerin mit der M GmbH und der R GmbH & Co. KG -wie in der Regel anzunehmen ist- diesen Pächterinnen die verpachteten Flächen mit den daraus gezogenen Früchten und sonstigen Gebrauchsvorteilen zuzurechnen sind[10].

Dabei kommt es darauf an, ob die an die M GmbH und an die R GmbH & Co KG verpachteten Flächen ausnahmsweise der P GmbH zuzurechnen sind, weil diese die Gebrauchsvorteile der verpachteten Flächen durch die vertragsgemäße Nutzung für Pferde, die der P GmbH als Organgesellschaft der Klägerin zuzurechnen sind, gezogen hat und nach Maßgabe der Pachtverträge auch ziehen sollte, wozu weitergehende Feststellungen zu treffen sind. Hierfür ist auch festzustellen, ob ausschließlich die im Eigentum der P GmbH stehenden Pferde auf den an die M GmbH und an die R GmbH & Co. KG verpachteten Flächen geweidet haben.

Dem steht nicht zwingend entgegen, dass es sich zivilrechtlich um eine Verpachtung der Klägerin an die M GmbH und die R GmbH & Co. KG und nicht um eine Verpachtung an die P GmbH als Organgesellschaft gehandelt hat und sich die Organschaft auf eine bloße Einkommenszurechnung beschränkt, bei der zunächst das Einkommen der Organgesellschaft eigenständig zu ermitteln ist[11]. Denn im Hinblick auf diese eigenständige Einkommensermittlung kann der Normzweck des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG nicht außer Betracht bleiben, der darin besteht, die traditionelle, mit der Bodenwirtschaft verbundene landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung, bei der regelmäßig Verluste mangels hoher außerlandwirtschaftlicher Einkünfte nicht verrechnet werden können, vor dem Wettbewerb einer industriell betriebenen Tierproduktion zu schützen. Die Vorschrift wendet sich daher gegen eine an sich landwirtschaftliche Betätigung, die darin besteht, überhöhte Bestände an Vieh ohne entsprechende landwirtschaftliche Nutzfläche, d.h. ohne die theoretisch notwendige Futtergrundlage, zu halten[12]. Soll ein bei der Organgesellschaft ermitteltes Einkommen den Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG unterworfen werden, weil die Tierhaltung nach den Verhältnissen der Organgesellschaft ohne hinreichende Futtergrundlage erfolgt sei, obwohl landwirtschaftliche Nutzflächen überlassen werden, die von den Pferden der Organgesellschaft genutzt werden (sollen), so dass zivilrechtlich und tatsächlich eine hinreichende Futtergrundlage für die Pferde der Organgesellschaft besteht, kann einer solchen Beschränkung demnach der Normzweck des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG entgegenstehen.

Nicht zu beanstanden war das Urteil der Vorinstanz für den Bundesfinanzhof im Übrigen zur Frage der Tierbestandszweige. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 1 BewG gehören nur die Zweige des Tierbestands zur landwirtschaftlichen Nutzung, deren Vieheinheiten zusammen die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bezeichnete Grenze nicht überschreiten. Als Zweig des Tierbestands gilt bei jeder Tierart für sich das Zugvieh, das Zuchtvieh, das Mastvieh und das übrige Nutzvieh (§ 51 Abs. 3 Satz 1 BewG). Zunächst sind mehr flächenabhängige und danach weniger flächenabhängige Zweige des Tierbestands zur landwirtschaftlichen Nutzung zu rechnen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 2 BewG). Das Zuchtvieh einer Tierart gilt nur dann als besonderer Zweig des Tierbestands, wenn die erzeugten Jungtiere überwiegend zum Verkauf bestimmt sind (§ 51 Abs. 3 Satz 2 BewG). Ist das nicht der Fall, so ist das Zuchtvieh dem Zweig des Tierbestands zuzurechnen, dem es überwiegend dient (§ 51 Abs. 3 Satz 3 BewG). Pferdehaltung und Pferdezucht sind den mehr flächenabhängigen Zweigen des Tierbestands zuzuordnen (Anlage 2 zum BewG)[13]. Zutreffend hat die Vorinstanz die Zuchtstuten dem Zweig „Zuchtvieh“ und die weiteren Pferde dem Zweig „übriges Nutzvieh“ zugeordnet. Diese Pferde erfüllen nicht die Qualifikation als Zuchtvieh. Maßgeblich für die Abgrenzung der Tierzweige des § 51 Abs. 3 BewG ist die spätere Bestimmung der Tiere[14]. Im Streitfall waren die übrigen Tiere auf der jeweiligen Entwicklungsstufe für den Verkauf bestimmt.

Der Zuordnung zum Tierzweig „übriges Nutzvieh“ steht nicht -wie die Klägerin meint- entgegen, dass die Tiere zum Verkauf bestimmt waren. Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 BewG „gilt bei jeder Tierart“ die Einteilung in die vier oben genannten Zweige, so dass eine Zuordnung aller Tiere vorzunehmen ist. Da die weiteren Pferde unstreitig nicht zu dem Zweig „Zugvieh“ und „Mastvieh“ gehören, sind sie sodann dem Zweig „übriges Nutzvieh“ zuzuordnen. Eine Nichtzuordnung -wie die Klägerin vorträgt- kommt nicht in Betracht.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. September 2022 – XI R 33/20

  1. vgl. BFH, Urteile vom 21.09.1995 – IV R 96/94, BFHE 179, 66, BStBl II 1996, 85; vom 19.12.2002 – IV R 47/01, BFHE 201, 241, BStBl II 2003, 507; und vom 04.11.2021 – VI R 26/19, BFH/NV 2022, 417[]
  2. vgl. BFH, Urteile vom 04.10.1984 – IV R 195/83, BFHE 142, 272, BStBl II 1985, 133; vom 01.02.1990 – IV R 45/89, BFHE 159, 475, BStBl II 1991, 625, und in BFH/NV 2022, 417, Rz 15[]
  3. BFH, Urteil vom 08.11.2000 – I R 10/98, BFHE 193, 406, BStBl II 2001, 349, Leitsatz 3 und unter II. 3.[]
  4. vgl. BFH, Urteile vom 13.07.1989 – V R 110-112/84, BFHE 158, 157, BStBl II 1989, 1036, unter II. 3.a bb; vom 31.03.2004 – I R 71/03, BFHE 206, 42, BStBl II 2004, 742, unter II. 9.d; und vom 17.12.2008 – IV R 34/06, BFHE 224, 76, BStBl II 2009, 453, unter II. 4.e aa, m.w.N.[]
  5. vgl. BFH, Urteile vom 23.09.1988 – III R 182/84, BFHE 154, 364, BStBl II 1989, 111; in BFHE 224, 76, BStBl II 2009, 453, und in BFH/NV 2022, 417, Rz 21[]
  6. vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2022, 417, Rz 21[]
  7. vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2022, 417, Rz 23; Gossert in Korn, § 13 EStG Rz 182; KKB/Geserich, 7. Aufl., § 13 Rz 247; Giere in Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Teil A Rz 72 ff.; Hartmann in Dombert/Witt, Münchener Anwaltshandbuch Agrarrecht, 2. Aufl., § 25 Rz 31; Brandis/Heuermann/Nacke, § 13 EStG Rz 100; Leingärtner/Stalbold, Besteuerung der Landwirte, Kap. 6, Rz 21; Mitterpleininger in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, § 13 Rz 32, der generell die Pensionstiere hinzurechnet[]
  8. Nds. FG, Urteil vom 26.05.2020 – 6 K 337/18[]
  9. vgl. BFH, Urteile vom 16.11.1978 – IV R 191/74, BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246, unter 2.a bb; vom 17.10.1985 – IV R 188/83, BFH/NV 1987, 84, unter 2.; vom 14.04.1988 – IV R 40/86, BFHE 153, 347, BStBl II 1988, 774, unter 1.; vom 26.03.1992 – IV R 22/91, BFH/NV 1992, 655; und vom 26.06.2002 – IV R 55/01, BFHE 199, 529, BStBl II 2003, 13, unter 3.d[]
  10. vgl. auch BFH, Urteil in BFHE 199, 529, BStBl II 2003, 13, unter 2.b und c[]
  11. vgl. BFH, Urteile vom 23.01.2002 – XI R 95/97, BFHE 198, 99, BStBl II 2003, 9, unter II. 1.b; vom 28.02.2013 – IV R 50/09, BFHE 240, 270, BStBl II 2013, 494, Rz 16; und vom 15.06.2016 – I R 64/14, BFHE 254, 291, BStBl II 2017, 182, Rz 20[]
  12. BFH, Urteil in BFHE 201, 241, BStBl II 2003, 507, unter 2.; vgl. auch BFH, Urteil in BFH/NV 2022, 417, Rz 17[]
  13. vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2022, 417, Rz 30[]
  14. s. BFH, Urteil vom 17.10.1991 – IV R 134/89, BFHE 166, 319, BStBl II 1992, 378, zu Masttieren[]

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