Hofbewirtschaftung durch den Sohn – und die Kündigung des Bewirtschaftsvertrags nach 20 Jahren

Hat der Eigentümer die Bewirtschaftung seines Hofes im Sinne der HöfeO durch einen zunächst befristeten, dann ordentlich kündbaren Bewirtschaftungsvertrag auf seinen Sohn übertragen, ist das Recht zur ordentlichen, freien Kündigung verwirkt, wenn seit Übertragung der Bewirtschaftung mehr als 20 Jahre vergangen sind und die Bewirtschaftung die Lebensgrundlage des Abkömmlings bildet. Der Eigentümer kann den Bewirtschaftungsvertrag/Landpachtvertrag dann nur noch aus triftigem, wenn auch nicht unbedingt vom Wirtschafter verschuldeten Grund kündigen.

Hofbewirtschaftung durch den Sohn – und die Kündigung des Bewirtschaftsvertrags nach 20 Jahren

Eine vom Erblasser vorgenommene formlose Hoferbenbestimmung kann der Hofvorerbe nur aus triftigen Gründen verändern. Die Beendigung der Bewirtschaftung durch formlos bestimmten Hofnacherben ist rechtsmissbräuchlich, wenn ein triftiger Grund nicht vorliegt. Die Aufhebung der formlosen Hoferbenbestimmung muss in Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 2294 und 2296 BGB durch eine ausdrückliche empfangsbedürftige Willenserklärung erfolgen.

Die fristgerechte Kündigung war im vorliegend vom Oberlandesgericht Celle entschiedenen Fall zwar nach dem Inhalt des schriftlichen Vertrages grundsätzlich zulässig. Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass viele Jahre lang nach Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit von der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung kein Gebrauch gemacht worden war. Bei dem 1965 geborenen Sohn, der 1989 seine abhängige Vollzeitbeschäftigung als Landmaschinenmechaniker-Geselle zugunsten der Hofbewirtschaftung aufgegeben hatte, konnte deshalb die berechtigte Erwartung entstehen, dass er den Hof, der bis zum Ausspruch der Kündigung mehr als 23 Jahre lang seine Lebensgrundlage bildete, einmal übernehmen würde, sei es durch lebzeitige Übertragung, sei es im Erbgang. Daraus ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts Celle der Schluss zu ziehen, dass der Vater durch die lange Laufzeit des Vertrages sein Recht zur grundlosen fristgerechten Kündigung des Wirtschaftsüberlassungsvertrages nach Treu und Glauben verwirkt hat und auch die formlose Hoferbenbestimmung nicht mehr grundlos widerrufen kann. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des OLG Hamm in Agrarrecht 1986, 56. Denn dort wird die Möglichkeit zur fristgerechten Kündigung auch nur im Zusammenhang mit etwaigen Verfehlungen des Wirtschafters erörtert.

Da es um eine fristgerechte Kündigung geht, können triftige Gründen auch dann ausreichend sein, wenn diese Gründe vom Sohn nicht verschuldetet sein sollten.

Ein solcher triftiger Grund liegt nicht in dem Verkauf des lebenden Inventars, weil diese Maßnahme eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung war.

Soweit der Vater behauptet hat, der Sohn sei aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft überhaupt nicht mehr zu einer unmittelbaren Eigenbewirtschaftung in der Lage, kann dahingestellt bleiben, ob der Wegfall der Wirtschaftsfähigkeit des Sohn aus gesundheitlichen Gründen die Kündigung rechtfertigen könnte. Denn eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit des Sohn liegt nicht vor.

Ein triftiger Grund liegt auch nicht darin, dass der Sohn die Bewirtschaftung des Hofes weitestgehend im Lohnbetrieb durchführen lässt und zurzeit auch weit außerhalb wohnt. Es mag sein, dass der Vater eine unmittelbare Eigenbewirtschaftung erwartet und dass eine solche ursprünglich nach dem Bewirtschaftungsvertrag auch geschuldet war. Dieser Erwartung und ursprünglichen Verpflichtung ist der Sohn mehr als 23 Jahre hindurch nachgekommen. Inzwischen ist aber nach Abschluss des Bewirtschaftungsvertrages so viel Zeit verstrichen und der Vater hat ein so hohes Alter erreicht, dass eine Hofübergabe an den Sohn überfällig war. Wäre eine solche Hofübergabe zu angemessener Zeit erfolgt, wäre der Sohn sein eigener Herr und es stünde ihm unzweifelhaft frei, die Lohnbewirtschaftung zu betreiben. Da zudem die Lohnbewirtschaftung als Bewirtschaftungsart weit verbreitet ist, gelangt das Oberlandesgericht mit seinen ehrenamtlichen Richtern zu der Bewertung, dass dieses Bewirtschaftungsverhalten des Sohn, das bei Ausspruch der ordentlichen Kündigung vom 02.01.2013 bereits im Wesentlichen geplant und angelegt gewesen sein dürfte, keinen triftigen Grund für die ordentliche Kündigung darstellt. Soweit der Sohn inzwischen Al. verlassen hat, gilt Folgendes: Zum einen ist dieses Ereignis erst geraume Zeit nach der ordentlichen Kündigung eingetreten (mit der Folge, dass dieser Umstand nicht nachgeschoben werden kann als Grund für die seinerzeitige Kündigung) und beruht auf dem Verkauf des Hauses der Lebensgefährtin des Sohn. Zum anderen ist für den Sohn und seine Lebensgefährtin im Hofhaus bei nur einer gemeinsamen Küche und einem Badezimmer kein Raum; der Sohn und seine Lebensgefährtin sind dort seitens des Vaters und seiner Ehefrau unerwünscht. Schließlich hat der Sohn erklärt, er werde sich zum Jahr 2014 zur Bewirtschaftung der Hofstelle eine Wohnung in Hofnähe suchen.

Nach alledem muss es bei der Fortsetzung des Bewirtschaftungsvertrages verbleiben.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 29. Januar 2014 – 7 U 158/13 (L)