Ungesunde Verteilung von Grund und Boden

Für die Versagung einer Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz wegen ungesunder Verteilung des Grund und Bodens nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG genügt ein mögliches künftiges Interesse potentieller Interessenten nicht.

Ungesunde Verteilung von Grund und Boden

Auch die Versagung einer Genehmigung wegen groben Missverhältnisses zwischen dem Wert des Grundstücks und dem vereinbarten Kaufpreis kommt nur in Betracht, wenn von dem Verkauf ungünstige Auswirkungen auf die Agrarstruktur ausgehen. Dies ist nur dann der Fall, wenn ein überhöhter Preis sich als Erschwernis für den Erwerb durch einen Landwirt auswirken kann. Besteht kein konkretes Interesse eines Landwirts, das Grundstück zu einem angemessenen Preis zu erwerben, scheidet deshalb eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG aus.

Die Veräußerung eines Grundstücks bedarf der Genehmigung nach § 2 Abs. 1 GrdstVG, wenn es sich um ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinne von § 1 GrdstVG handelt. Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht besteht in Baden-Württemberg nach § 1 des Baden-Württembergischen Ausführungsgesetzes zum Grundstückverkehrsgesetz und Landespachtverkehrsgesetz (AGGrdstVG) für veräußerte Fläche, die nicht größer ist als ein Hektar.

Im hier vom Oberlandesgericht Stuttgart entschiedenen Fall sah das Oberlandesgericht die Genehmigung aber als zu Unrecht versagt: Die Genehmigung darf nach § 9 GrdstVG nur versagt werden, wenn einer der in Absatz 1 genannten Versagungsgründe vorliegt. Diese sah das Oberlandesgericht jedoch nicht:

Ungesunde Verteilung des Grund und Bodens, § 9 Abs. 2 GrdstVG

Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens ist nach § 9 Abs. 2 GrdstVG dann gegeben, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Nach der verfassungskonformen Auslegung des Versagungsgrundes dient diese Bestimmung allein dem Ziel, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden, nicht aber dazu, den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr zu lenken.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens vor, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird, obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt und bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrags zu erwerben.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Für die zutreffende Entscheidung kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Versagung der Genehmigung am 16.01.2009 an, sondern auf die im Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz vorhandenen Verhältnisse. Eine ablehnende Entscheidung kann deshalb nicht mehr unter Berufung auf den zwischenzeitlich verstorbenen früheren Interessenten H… gerechtfertigt werden. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob das Kaufinteresse des Erwerbsinteressenten H… zu einem Versagungsgrund geführt hätte. Der Verweis auf mögliche Erben des Interessenten H… geht bereits deshalb fehl, da nichts dafür ersichtlich ist, dass mögliche Erben Interesse an einer Übernahme des hier in Rede stehenden Grundstücks zu landwirtschaftlichen Zwecken haben könnten. Im Übrigen ist – wie durch Anlage K 19 nachgewiesen – über den Nachlass des Interessenten H… das Insolvenzverfahren eröffnet worden und der Insolvenzverwalter stellt in seinem Bericht ausdrücklich fest, dass eine Fortsetzung der Pferdezucht des Verstorbenen aus Sicht der Masse keinen Sinn mache.

Der Zeuge K… scheidet als berücksichtigungsfähiger Interessent aus, da er nicht bereit ist, einen angemessenen Kaufpreis zu entrichten. Wie seiner Stellungnahme gegenüber dem Landratsamt entnommen werden kann, möchte er maximal 80 Cent pro Quadratmeter bezahlen. Nachdem der Verkehrswert des Grundstücks wie vom Sachverständigen festgestellt aber bei einem Euro pro Quadratmeter liegt, kann das Gebot des Zeugen K… nicht berücksichtigt werden. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob der Zeuge K… tatsächlich Interesse an dem Grundstück hatte.

Für eine Versagung der Genehmigung genügt es nicht, dass abstrakt gedacht weitere Interessenten aus dem landwirtschaftlichen Bereich vorhanden sein könnten. Ein Versagungsgrund besteht nur dann, wenn bestimmte Interessenten konkret benannt sind, die gewillt und fähig sind, das Grundstück zu einem angemessenen Preis zu erwerben. Dies ergibt sich aus der verfassungsrechtlich gebotenen engen Auslegung der Versagungsgründe des § 9 Abs. 1 GrdstVG. Eine ungesunde Bodenverteilung liegt bei verfassungsgemäßer Auslegung nur vor, wenn sich aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass die Eigentumsverschiebung unternommenen oder konkret beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Liegen solche Maßnahmen nicht vor, kann die Veräußerung trotzdem ausnahmsweise eine ungesunde Bodenverteilung bedeuten, wenn nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erkennbar sind. Erforderlich hierfür ist aber eine konkrete nachteilige Auswirkung auf einen bestehenden Betrieb, wie sie bei einem dringenden Aufstockungsbedarf eines landwirtschaftlichen Betriebs, der durch den Verkauf vereitelt würde, besteht. Ist dagegen kein konkreter Interessent vorhanden, scheidet eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG aus.

Grobes Missverhältnis zwischen Grundstückswert und Kaufpreis, § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG

Auch der Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG liegt nicht vor. Zwar besteht ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert des Grundstücks und dem vereinbarten Kaufpreis, jedoch fehlt es an ungünstigen Auswirkungen auf die Agrarstruktur.

Ein grobes Missverhältnis zwischen dem Wert eines Grundstücks und dem vereinbarten Kaufpreis liegt vor, wenn der vereinbarte Kaufpreis den Wert des Grundstücks erheblich übersteigt. Nach gefestigter Rechtsprechung ist dies der Fall, wenn die Gegenleistung den wahren Wert um mehr als die Hälfte übersteigt, sofern nicht in Ausnahmefällen besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen.

Der Sachverständige gelangt nachvollziehbar zu einem Verkehrswert von 19.730 €. Der Grund für die niedrige Bewertung durch den Sachverständigen mit einem Euro pro Quadratmeter liegt an der deutlich unterdurchschnittlichen Nutzbarkeit des Grundstücks. Das Gelände befindet sich in Hanglage, ist von Wald umgeben und nur schwer zugänglich. Der Baumbestand ist gering und ein Großteil des Grundstücks ist verbuscht. Das grobe Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert von 19.730,– € und der Verkaufssumme von 69.055,– € ist offensichtlich.

Das bloße Vorliegen des groben Missverhältnisses in Bezug auf den Verkaufspreis genügt allerdings nicht, um eine Versagung der Genehmigung zu rechtfertigen. Auch § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG unterliegt der gesetzgeberischen Zielsetzung, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden. Der Regelung liegt der Gedanke zu Grunde, dass der Erwerb des zur Verbesserung der Agrarstruktur dringend erforderlichen Landes durch interessierte Land- und Forstwirte außerordentlich erschwert würde, wenn überhöhte Preise gefordert werden könnten. Nur wenn ein zu überhöhten Preisen abgeschlossener Vertrag diesem Gesetzeszweck zuwiderläuft, darf die Genehmigung deshalb unter Berufung auf § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG verweigert werden. Eine Veräußerung zu einem unangemessen hohen Preis ist somit nur dann zu missbilligen, wenn eine angemessene Preisgestaltung einen agrarstrukturellen Vorteil bringen könnte. Gehen von dem Verkauf dagegen keine ungünstigen Auswirkungen auf die Agrarstruktur aus, kommt § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG nicht zur Anwendung.

Daraus folgt zum einen, dass der Verkaufspreis nur in Ausnahmefällen beanstandet werden darf, sofern der Erwerber selbst Landwirt ist. Es ist dann Sache des kaufenden Landwirts, selbst zu kalkulieren, ob der angebotene Preis für ihn und seinen Betrieb wirtschaftlich sinnvoll ist. Das Gericht hat diese eigenständige Kalkulation des Landwirts grundsätzlich nicht zu prüfen.

Zum anderen ist bei einem Erwerb durch einen Nichtlandwirt eine Versagung der Genehmigung nur zu rechtfertigen, wenn ein erwerbsbereiter Landwirt Interesse an dem fraglichen Grundstück bekundet. Da § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG verhindern soll, dass der Erwerb des zur Verbesserung der Agrarstruktur erforderlichen Landes durch interessierte Landwirte erschwert wird, indem überhöhte Preise gefordert werden können, kann für die Anwendung der Vorschrift nur dann Raum sein, wenn ein überhöhter Preis sich als Erschwernis für den Erwerb durch einen Landwirt auswirken kann. Ein mangelndes Kaufinteresse bäuerlicher Bewerber führt dazu, dass eine Veräußerung mit einem agrarstrukturellen Vorteil schlechthin unmöglich ist. Es besteht deshalb kein Anlass, in einem solchen Fall die Veräußerung an einen Nichtlandwirt zu untersagen.

Wie bereits ausgeführt ist vorliegend kein Landwirt an dem Erwerb des streitgegenständlichen Grundstücks zu einem angemessenen Preis interessiert. Auch der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG entfällt somit.

Sonstige Versagungsgründe

Eine Versagung kommt auch nicht aus anderen Gründen, insbesondere wegen Umgehung des Gesetzeszwecks, in Betracht. Eine abweichende Entscheidung ist insbesondere nicht deshalb angezeigt, weil der frühere Kaufvertrag, der mehrere Parzellen umfasste, rückgängig gemacht wurde, als die Geltendmachung eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts drohte, und weil die Nutzung des Grundstücks durch den langjährigen Pachtvertrag zwischen den Beteiligten für andere Erwerber erschwert wird. Zwar ist die Vorgehensweise der Beteiligten darauf angelegt, dem Antragsteller den Erwerb zu ermöglichen. Die Beteiligten haben sich hierbei jedoch weder ungesetzlich noch in anderer Weise missbilligenswert verhalten. Das langjährige Pachtverhältnis wurde dem Landratsamt angezeigt, welches dieses per Schreiben vom 20.11.2008 ausdrücklich billigte. Der Abschluss des langjährigen Pachtverhältnisses kann den Beteiligten deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Beteiligten entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht alle drei Parzellen auf einmal verkauften, sondern diese Veräußerungen auf mehrere Verträge aufteilten. Die Vertragsgestaltung liegt grundsätzlich in der freien Disposition der Vertragsparteien, welche nicht gezwungen sind, mehrere Grundstücke in einem Vertrag zu veräußern.

Es liegt auch keine Umgehung des Grundstückverkehrsgesetzes vor. Eine solche Umgehung kann vorliegen, wenn Vertragsparteien versuchen, der Genehmigungsnotwendigkeit nach dem Grundstückverkehrsgesetz dadurch zu entkommen, dass sie sukzessive Teile eines Grundstücks veräußern, wenn diese Teile, nicht aber das Ausgangsgrundstück unterhalb der für eine Genehmigung erforderlichen Mindestgröße liegen. Ein derartiges Vorgehen kann zur Folge haben, dass auch die Teilveräußerungen der Genehmigungspflicht nach dem GrdstVG unterstellt werden. Diese Fallgestaltung liegt aber nicht vor: Die Beteiligten teilten nicht ein bestehendes Grundstück in mehrere kleinere Grundstücke auf, sondern veräußerten jeweils ganze Parzellen. Sie entzogen das streitgegenständliche Grundstück auch nicht dem Geltungsbereich des Grundstückverkehrsgesetzes, sondern führten das gesetzlich vorgesehene Genehmigungsverfahren nach dem Grundstückverkehrsgesetz durch. Dass die beiden kleineren Parzellen bereits wegen ihrer unter einem Hektar liegenden Größe nicht der Genehmigungspflicht unterlagen, kann den Beteiligten nicht zum Nachteil gereichen.

Die Genehmigung des Grundstückskaufvertrags nach § 2 GrdstVG ist somit zu erteilen. Nach § 22 Abs. 3 GrdstVG kann die Genehmigung durch das Gericht selbst erteilt werden.

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 29. März 2011 – 101 W 1/10