Bei der Bestimmung der Betriebsgröße eines im Beitrittsgebiet gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG in der bis zum Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.20071 maßgebenden Fassung ist bei der Pacht zusätzlichen Grund und Bodens der Ersatzwirtschaftswert nur im Verhältnis der eigenen Fläche zu der gepachteten Fläche anzusetzen2.

Nach § 7g Abs. 1 und Abs. 3 EStG können Sonderabschreibungen bis zu 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für neue bewegliche Wirtschaftsgüter geltend gemacht und für die künftige Anschaffung oder Herstellung entsprechender Wirtschaftsgüter Gewinn mindernde Rücklagen gebildet werden (Ansparabschreibungen). Diese steuerlichen Vorteile können jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn der Betrieb des Steuerpflichtigen eine bestimmte Größe nicht überschreitet. Für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft schreibt § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG vor, dass der Einheitswert des Betriebs, zu dessen Anlagevermögen das Wirtschaftsgut gehört, im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung nicht mehr als 240.000 DM betragen darf. Bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben, die sich nicht in den alten Bundesländern, sondern im Beitrittsgebiet (Gebiet nach Art. 3 EinigVtr) befinden, ist gemäß § 57 Abs. 3 EStG bei der Bestimmung der Betriebsgröße nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG anstelle des Einheitswerts der Ersatzwirtschaftswert nach § 125 BewG heranzuziehen.
Für die Bildung des Ersatzwirtschaftswerts für land- und forstwirtschaftliches Vermögen im Beitrittsgebiet ist eine Nutzungseinheit zugrunde zu legen, in die alle von derselben Person regelmäßig selbst genutzten Wirtschaftsgüter i.S. des § 33 Abs. 2 BewG einbezogen werden, selbst wenn der Nutzer nicht Eigentümer ist (§ 125 Abs. 2 Satz 2 BewG). Wohngebäude einschließlich des dazugehörigen Grund und Bodens sind abweichend von § 33 Abs. 2 BewG nicht einzubeziehen (§ 125 Abs. 3 Satz 1 BewG).
Nach § 125 Abs. 4 Satz 1 BewG wird der Ersatzwirtschaftswert unter sinngemäßer Anwendung der §§ 35, 36, 38, 40, 42 bis 45, 50 bis 54, 56, 59, 60 Abs. 2 und § 62 BewG in einem vereinfachten Verfahren ermittelt. Bei dem Vergleich der Ertragsbedingungen sind abweichend von § 38 Abs. 2 Nr. 1 BewG ausschließlich die in der Gegend als regelmäßig anzusehenden Verhältnisse zugrunde zu legen (§ 125 Abs. 4 Satz 2 BewG). Maßgebend sind die Wertverhältnisse, die bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in der Bundesrepublik Deutschland auf den 1.01.1964 zugrunde gelegt worden sind (§ 125 Abs. 5 BewG).
Die Finanzverwaltung ermittelt den Ersatzwirtschaftswert nach § 125 BewG anhand der “Gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom 11.12.1990 betreffend die Ermittlung von Ersatzwirtschaftswerten und die Festsetzung der Grundsteuermessbeträge für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft ab 1.01.1991“3. Hierbei berücksichtigt sie die Ertragswerte nach § 40 Abs. 2 BewG zum Hauptfeststellungszeitpunkt auf den Beginn des Kalenderjahres 1964, auf Ertragsmesszahlen beruhende landwirtschaftliche Vergleichszahlen nach § 125 Abs. 6 BewG unter Berücksichtigung der Ergebnisse von Bodenschätzungen ohne Berücksichtigung betrieblicher oder ortsbezogener Besonderheiten sowie die Größe aller genutzten Flächen.
Demgegenüber vertritt der IV. Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil in BFHE 244, 426 die Auffassung, dass bei der Bestimmung der Betriebsgröße eines im Beitrittsgebiet gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b EStG bei der Pacht zusätzlichen Grund und Bodens der Ersatzwirtschaftswert allein nach dem Verhältnis der eigenen zu den gepachteten Flächen aufzuteilen sei. Der hier erkennende VI. Senat des Bundesfinanzhofs schließt sich dieser Meinung an. Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Bundesministeriums der Finanzen und des Finanzamt sind nicht durchgreifend.
Entgegen der Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen bietet § 49 BewG keine Rechtsgrundlage für eine abweichende Aufteilung. Die Vorschrift ist weder im Rahmen des § 125 BewG noch des § 126 Abs. 2 BewG unmittelbar oder analog anwendbar.
Der Ersatzwirtschaftswert wird ‑wie ausgeführt- nach § 125 BewG in einem vereinfachten Verfahren unter sinngemäßer Anwendung verschiedener Vorschriften des BewG ermittelt (§ 125 Abs. 4 Satz 1 BewG). Weder § 49 BewG noch § 34 Abs. 4 BewG werden genannt. Dies liegt daran, dass abweichend von § 2 BewG und § 34 Abs. 1, 3 bis 6 und 7 BewG dem Ersatzwirtschaftswert eine Nutzungseinheit zugrunde zu legen ist, in die alle von derselben Person (Nutzer) regelmäßig selbstgenutzten Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens i.S. des § 33 Abs. 2 BewG einzubeziehen sind, auch wenn der Nutzer nicht Eigentümer ist. Da sämtliche für den Betrieb genutzte Wirtschaftsgüter ‑unabhängig von den Eigentumsverhältnissen- in die Nutzungseinheit einbezogen werden, bedarf es keiner Regelung, wie in Fällen zu verfahren ist, in denen der Betriebsinhaber über eigene Gebäude und Betriebsmittel auf gepachtetem Land verfügt.
§ 126 BewG ist ein reines Ertragswertverfahren, das sich am Hektarwert orientiert. Weder Betriebsmittel noch Gebäude gehen mit einem gesonderten Wert in die Berechnung ein. Ebenso wenig sind Zu- und Abschläge vorgesehen.
Auch § 126 Abs. 2 BewG erwähnt weder § 49 BewG noch § 34 Abs. 4 BewG. Dort heißt es vielmehr nur, dass für andere Steuern (als der Grundsteuer) bei demjenigen, dem Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zuzurechnen sind, der Ersatzwirtschaftswert oder ein entsprechender Anteil an diesem Wert anzusetzen ist. Einen besonderen Aufteilungsmaßstab gibt § 126 BewG nicht vor. Die in fremdem Eigentum stehenden Wirtschaftsgüter sind daher spiegelbildlich mit dem Wert auszuscheiden, mit dem sie in den Ersatzwirtschaftswert eingeflossen sind.
Eine entsprechende Anwendung des § 49 BewG bei der Aufteilung des Ersatzwirtschaftswerts nach § 126 Abs. 2 BewG ist nicht möglich.
Die analoge Anwendung einer Rechtsnorm setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit voraus. Eine solche Lücke liegt vor, wenn eine Regelung gemessen an ihrem Zweck unvollständig, d.h. ergänzungsbedürftig, ist und wenn ihre Ergänzung nicht einer vom Gesetzgeber beabsichtigten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht4. § 126 Abs. 2 BewG ist nicht lückenhaft. Mangels eines besonderen Aufteilungsmaßstabs ist der Ersatzwirtschaftswert nach denselben Grundsätzen aufzuteilen, nach denen er ermittelt wurde, also nach dem Wert je Hektar. Weder der Gesetzeswortlaut noch die Entstehungsgeschichte der §§ 125, 126 BewG geben überdies Anhaltspunkte für die Vermutung, der Gesetzgeber habe es nur versehentlich unterlassen, einen Zuschlag zum Ertragswert in Fällen anzuordnen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb auch mit gepachteten Flächen wirtschaftet.
Dessen ungeachtet lässt sich weder § 49 BewG noch einer anderen Vorschrift des Bewertungsgesetzes der Wille des Gesetzgebers entnehmen, dass sich der Ertragswert (§ 36 Abs. 2 BewG) eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs durch die Pacht zusätzlichen Landes erhöhen soll. Das Bewertungsgesetz stellt im Gegenteil allein auf die Eigentumsverhältnisse ab (§ 2 Abs. 2 BewG). Eine Ausnahme hiervon ordnet nur § 34 Abs. 4 BewG an, nach dem für Zwecke der Grundsteuer dem Grundstückseigentümer auch die auf seinem Grund stehenden fremden Gebäude und nicht gehörende Betriebsmittel zugerechnet werden. Diese Zurechnung fremder Wirtschaftsgüter korrigiert § 49 BewG und ordnet für andere Steuern als der Grundsteuer eine Aufteilung entsprechend der Eigentumsverhältnisse (§ 2 Abs. 2 BewG) an. Erachtete man entgegen den vorstehenden Ausführungen § 126 Abs. 2 BewG für lückenhaft, könnte die entsprechende Anwendung des § 49 BewG bei der Aufteilung des Ersatzwirtschaftswerts nur in den Fällen zu einem Zuschlag führen, in denen der Pächter ihm gehörende Gebäude und Betriebsmittel auf dem gepachteten Land vorhält. Etwaige Ertragswertsteigerungen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs durch die Nutzung fremder Wirtschaftsgüter ‑etwa gepachteten Landes- berücksichtigt § 49 BewG oder eine andere Vorschrift des Bewertungsgesetzes jedoch gerade nicht.
Für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.20075 gehen im Übrigen auch die Finanzbehörden von einer Verteilung des Ersatzwirtschaftswerts allein nach Flächenanteilen aus6.
Der Bundesfinanzhof verkennt nicht, dass ein Betrieb, der neben eigenem Land auch gepachtete Flächen bewirtschaftet, regelmäßig einen höheren gemeinen Wert (§ 9 Abs. 1 BewG) hat als ein Betrieb, der die gleiche Menge eigenen Landes ohne gepachtete Flächen bewirtschaftet. Auch dürfte ein solcher Zuschlag dem Zweck des § 7g EStG, kleinen und mittleren Betrieben eine Liquiditätshilfe bei der Finanzierung betrieblicher Investitionen zu gewähren7, eher gerecht werden als die gegenwärtige Regelung. Dies ist insbesondere im Streitfall augenfällig, in dem der Landwirt nur ca.20 ha eigenen Landes bewirtschaftet und ca. 480 ha zusätzlich gepachtet hat. Für einen Ertragswertzuschlag durch die Nutzung fremder Wirtschaftsgüter fehlt es indes sowohl bei Betrieben in den alten als auch in den neuen Bundesländern an einer gesetzlichen Grundlage.
Soweit es hierdurch zu Ungleichbehandlungen kommen sollte, zum einen zu Betrieben der gleichen Größe ohne zusätzlich gepachtetes Land, zum andern wegen des Fehlens von Zu- und Abschlägen (§ 41 BewG) zu Betrieben in den alten Bundesländern, ist dies in Ermangelung einer Einheitsbewertung auf den 1.01.1964 und der Ungewissheit der Eigentumsverhältnisse in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung jedenfalls für die Streitjahre gerechtfertigt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Juni 2017 — VI R 97/13
- BGBl I 2007, 1912 [↩]
- Anschluss an BFH, Urteil vom 06.03.2014 — IV R 11/11, BFHE 244, 426 [↩]
- BStBl I 1990, 833 ff. [↩]
- z.B. BFH, Urteile vom 26.06.2014 — III R 39/12, BFHE 246, 410, BStBl II 2015, 148; und vom 12.12 2002 — III R 33/01, BFHE 201, 379, BStBl II 2003, 322, m.w.N. [↩]
- BGBl I 2007, 1912 [↩]
- BMF, Schreiben in BStBl I 2009, 633, Tz. 11 [↩]
- BFH, Beschluss vom 14.04.2015 — GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007; und vom 10.03.2016 — IV R 14/12, BFHE 253, 536, BStBl II 2016, 763 [↩]