Der „Verkauf von Ackerstatusrechten für landwirtschaftliche Nutzflächen“ ist keine der Umsatzbesteuerung nach Durchschnittsätzen unterliegende landwirtschaftliche Dienstleistung.

Die Verpflichtung zur Anlage und zum Erhalt von Dauergrünland durch einen Landwirt zugunsten eines anderen Landwirts, um diesem eine Genehmigung gemäß § 2 der Dauergrünland-Erhaltungsverordnung für Schleswig-Holstein (DGL-VO SH) zum Umbruch von Dauergrünland zu ermöglichen, unterfällt nicht der Pauschalbesteuerung.
Die Landwirtin hat mit dem „Verkauf des Ackerstatusrechts“ steuerbare und steuerpflichtige Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt, die der Regelbesteuerung nach § 12 Abs. 1 UStG und nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterliegen.
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird die Steuer für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Lieferungen und sonstigen Leistungen, bei denen es sich nicht um die in Satz 1 dieser Vorschrift näher bezeichnete Lieferung von forstwirtschaftlichen Erzeugnissen oder Leistungen mit Getränken handelt, auf 10, 7 % festgesetzt. Aus § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG ergibt sich ein Vorsteuerabzug in gleicher Höhe. Durch diese Regelungen gleichen sich Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.
§ 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs richtlinienkonform entsprechend Art. 295 ff. MwStSystRL auszulegen[1]. Danach finden die sog. Pauschalausgleich-Prozentsätze gemäß Art. 300 f. MwStSystRL auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen Anwendung.
Landwirtschaftliche Dienstleistungen sind nach Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mithilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder Fischereibetriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen. Hierzu zählen insbesondere die in Anhang VIII MwStSystRL aufgeführten Dienstleistungen wie z.B. „Arbeiten des Anbaus, der Ernte, des Dreschens, des Pressens, des Lesens und Einsammelns, einschließlich des Säens und Pflanzens“. § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist bei richtlinienkonformer Auslegung auf diese landwirtschaftlichen Dienstleistungen, nicht aber auch auf andersartige sonstige Leistungen anzuwenden.
Wie der BFH bereits ausdrücklich entschieden hat, setzt § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht voraus, dass der Dienstleistungsempfänger ein Land- oder Forstwirt ist. Allerdings muss die Dienstleistung vom Empfänger zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden[2]. Aus dem Erfordernis, dass die landwirtschaftliche Dienstleistung normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen muss, folgt somit, dass die landwirtschaftliche Dienstleistung beim Dienstleistungsempfänger zur landwirtschaftlichen Erzeugung beizutragen hat.
Demgemäß kann die Landwirtin § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auf den „Verkauf des Ackerstatusrechts“ nicht anwenden.
Gegenstand der streitbefangenen Leistung ist nicht lediglich der Erhalt oder die Bewirtschaftung von Dauergrünland. Vielmehr umfasst die betreffende Leistung zugleich die Verpflichtung, eine i.S. der DGL-VO SH schädliche landwirtschaftliche Nutzung zu unterlassen und dem „Käufer“ das dadurch geschaffene „Ackerstatusrecht“ zu verschaffen.
Der „Verkauf des Ackerstatusrechts“ stellt keine landwirtschaftliche Dienstleistung dar. Er ist nicht im Katalog des Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 Halbsatz 2 i.V.m. Anhang VIII MwStSystRL enthalten und den dort genannten Leistungen auch nicht vergleichbar.
Dass die Verpflichtung der Landwirtin zum Erhalt des Dauergrünlands gerade einer der im Anhang VIII MwStSystRL angeführten Katalogleistungen („Anbau, Ernte, … einschließlich Säen und Pflanzen“) entspricht, ist unbeachtlich, weil das Finanzgericht für den Bundesfinanzhof bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt hat, dass diese Leistung zurücktritt hinter dem die Leistung prägenden und maßgeblichen „Verkauf des Ackerstatusrechts“. Es ist daher unschädlich, wenn die Landwirtin aus der Nutzung dieser Flächen Erträge durch Schnitte des Grases erzielt oder das Gras als Viehfutter für ihre Tiere verwendet. Denn die vertragliche Gegenleistung (Entgelt) wird nicht aufgrund der gezogenen (Eigen-)Nutzungen der Landwirtin geleistet, sondern deswegen, weil diese die streitgegenständlichen Flächen über mindestens fünf Jahre von der Fruchtfolge ausnimmt und damit eine intensive Nutzung des Landes unterlässt.
Die Möglichkeit der Landwirtin, die Grünflächen weiterhin als Futtergrundlage für ihre Tiere zu nutzen, macht den „Verkauf des Ackerstatusrechts“ nicht seinem Wesen nach zu einer landwirtschaftlichen Dienstleistung[3].
Bei der unionsrechtlich gebotenen engen Auslegung der Pauschalregelung stellt der „Verkauf des Ackerstatusrechts“ auch keine den Katalogleistungen vergleichbare Dienstleistung dar, weil er nicht der landwirtschaftlichen Erzeugung dient.
Entschieden ist vom BFH, dass die Zurverfügungstellung von Flächen zur Durchführung ökologischer Ausgleichsmaßnahmen keine Leistung ist, die landwirtschaftlichen Zwecken dient[4].
Für den hier streitigen „Verkauf des Ackerstatusrechts“ kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Auch hier verpflichtet sich ein Landwirt, die Landwirtin, eine (i.S. der DGL-VO SH schädliche) intensive landwirtschaftliche Nutzung der Flächen gegen Entgelt zu unterlassen. Der „Käufer“ des Ackerstatusrechts war auch ohne die Umbruchgenehmigung nicht daran gehindert, seine Grünflächen umzubrechen und intensiv zu nutzen. Er benötigte die Ausgleichsflächen der Landwirtin daher nicht zur landwirtschaftlichen Erzeugung. Er benötigte die Flächen vielmehr zum Erhalt der Umbruchgenehmigung und damit zur Sicherung der von ihm beantragten Direktzahlungen. Die durch § 2 Abs. 4 DGL-VO SH vorgesehene Möglichkeit des Landwirts, sich zur Produktionserweiterung von einem Dritten diese Verpflichtung zu „erkaufen“, ist insoweit nur eine weitere Option zum Erhalt oder zur Sicherung der Direktzahlungen.
Die Direktzahlungen nach der DGL-VO SH beruhen auf Unionsrecht[5]. Sie sollen die Erhaltung von Dauergrünland fördern und einer massiven Umstellung auf Ackerland entgegenwirken; sie dienen dem Umweltschutz, der Teil der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik ist[6]. Das System dieser unionsrechtlichen Direktbeihilfen ist gerade dadurch geprägt, dass die Zahlungen von der Erzeugung abgekoppelt und den Betriebsinhabern zur Ergänzung ihres Einkommens gezahlt werden[7].
Dementsprechend ist der „Verkauf des Ackerstatusrechts“ eine Reaktion der Marktteilnehmer auf naturschutzrechtliche Bestimmungen und Regelungen zu Direktzahlungen und keine „normalerweise“ der landwirtschaftlichen Produktion dienende Leistung i.S. des Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 Halbsatz 2 MwStSystRL.
Was als „landwirtschaftliche Dienstleistungen“ anzusehen ist, bestimmt sich ausschließlich und zwingend nach Unionsrecht (Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 Halbsatz 2 i.V.m. Anhang VIII MwStSystRL). Die DGL-VO SH vermag diesen Regelungsbereich nicht zu erweitern.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 8. Februar 2018 – V R 55/16
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 24.01.2013 – V R 34/11, BFHE 239, 552, BStBl II 2013, 460, unter II. 1.b; und vom 21.01.2015 – XI R 13/13, BFHE 248, 462, BStBl II 2015, 730, unter II. 1.b[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 248, 462, BStBl II 2015, 730, Leitsätze 1 und 2, sowie unter II. 2.b cc[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 23.01.2013 – XI R 27/11, BFHE 240, 422, BStBl II 2013, 458 – Klärschlamm als Dünger bei Entsorgungsleistung[↩]
- BFH, Urteil vom 28.05.2013 – XI R 32/11, BFHE 243, 419, BStBl II 2014, 411; ebenso Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.05.2014 1 K 4581/12 U, EFG 2014, 1519[↩]
- vgl. Verordnung (EG) Nr. 796/2004, Amtsblatt der Europäischen Union -ABl.EU- Nr. L 141, Seite 18[↩]
- EuGH, Urteil Pilar Planes Bresco vom 09.06.2016 – C-333/15 und – C-334/15, EU:C:2016:426, ABl.EU 2016, Nr. C 296, 16, m.w.N.[↩]
- EuGH, Urteil Pilar Panes Bresco, EU:C:2016:426[↩]