Sind wiederkehrende Barleistungen in einem vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Vermögensübergabevertrag vereinbart worden, stellen sie dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind. Für die Annahme der Abänderbarkeit wegen eines pflegebedingten Mehrbedarfs des Vermögensübergebers genügt es, wenn sich der Erwerber entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der bis 2016 geltenden Pflegestufe 1 bzw. des ab 2017 geltenden Pflegegrades 2) oder in entsprechendem Umfang zur Übernahme der Kosten für die häusliche Pflege oder der Kosten für die externe Pflege verpflichtet hat[1].

Abänderbare Versorgungsleistungen und damit dauernde Lasten sind auch dann noch gegeben, wenn die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs zwar eingeschränkt wird, für die Anwendung der vereinbarten Abänderungsklausel aber noch ein relevanter Anwendungsbereich in Gestalt eines der drei möglichen Durchführungswege der Pflege verbleibt.
Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall haben die Eltern ihrem Sohn einen landwirtschaftlichen Betrieb gegen Versorgungsleistungen übergeben. Diesen Vertrag hat das erstinstanzlich hiermit befasste Finanzgericht Rheinland-Pfalz als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gewürdigt[2]. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG i.d.F. vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12.2007 -EStG a.F.-[3]; die Neufassung ist nur auf Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf nach dem 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen; vgl. § 52 Abs. 18 Satz 2 EStG in der derzeit geltenden Fassung). Dauernde Lasten sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG a.F. in vollem Umfang abziehbar. Leibrenten können nach näherer Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG a.F.- nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG aufgeführten Tabelle ergibt.
Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrenten), stellen diese weder Veräußerungsentgelt beim Übergeber noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen zugeordnet[4].
Für die Zuordnung zu dem Typus der privaten Versorgungsrente kommt es nicht auf das Verhältnis des Kapitalwerts der zugesagten wiederkehrenden Leistungen zum Wert des übertragenen Vermögens an, sondern darauf, ob die Leistungen aus den Nettoerträgen des übertragenen Vermögens erbracht werden können[5]. Das Finanzgericht hat zu letzterer Voraussetzung zwar keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen, in seiner Entscheidung aber im Rahmen der Bildung der Obersätze[6] u.a. das BFH, Urteil vom 23.11.2016[7] herangezogen, denen dieses Erfordernis zu entnehmen ist. Es ist daher in Übereinstimmung mit der Aktenlage- von einer ausreichenden Ertragskraft des übergebenen landwirtschaftlichen Betriebs ausgegangen.
Aus den allgemeinen Grundsätzen, die für die Abgrenzung zwischen Leibrenten und dauernden Lasten gelten, hat der Bundesfinanzhof bei vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Vermögensübergabeverträgen schon in seiner bisherigen Rechtsprechung Kriterien für die Beurteilung vertraglicher Einschränkungen der Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen pflegebedingten Mehraufwands entwickelt.
Danach führt zwar ein vollständiger Ausschluss der Abänderbarkeit infolge eines pflegebedingten Mehrbedarfs zur Beurteilung der Versorgungsleistungen als bloße Leibrente. Demgegenüber wird die Annahme einer dauernden Last nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs zwar eingeschränkt wird, wobei aber noch ein relevanter Anwendungsbereich für eine diesbezügliche Änderbarkeit der Leistungen verbleiben muss.
Vor diesem Hintergrund genügt es für die Annahme einer dauernden Last, wenn der in Rede stehende Mehrbedarf wegen (dauernder) Pflegebedürftigkeit im Versorgungsvertrag wenigstens über einen der drei möglichen Durchführungswege der Pflege abgedeckt wird. Insoweit ist es ausreichend, wenn sich der Vermögensübernehmer entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der alten Pflegestufe 1 bzw. des neuen Pflegegrades 2) oder zur Übernahme von zusätzlichen Kosten für die häusliche Pflege in entsprechendem Mindestumfang oder so der dritte Durchführungsweg- zur Übernahme der im Rahmen einer externen Pflege der Übergeber entstehenden Kosten in vergleichbarer Höhe verpflichtet hat. Lediglich der vollständige Ausschluss einer Anpassung der (persönlichen oder finanziellen) Versorgungsleistungen im Fall des Eintritts (dauernder) Pflegebedürftigkeit lässt die Abänderbarkeit der Leistungen entfallen und steht daher einer Einordnung der Barleistungen als dauernde Last entgegen[8].
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz war demgegenüber erstinstanzlich davon ausgegangen, der Ausschluss der Anpassung für den Fall eines finanziellen Mehrbedarfs infolge des Auszugs der Eltern aus der eigenen Wohnung dies betrifft vor allem die Fälle eines Wechsels in ein Alten- oder Pflegeheim- stelle bereits eine so wesentliche Einschränkung der Änderungsmöglichkeit nach § 323 ZPO dar, dass eine dauernde Last nicht angenommen werden könne. Das Finanzgericht konnte daher auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig- offenlassen, ob die Regelung in Ziffer V. Nr. 8 des Vertrags nur den Ausschluss einer höchstpersönlich zu erbringenden Pflegeverpflichtung, nicht aber auch der Übernahme von Kosten durch den Sohn für eine häusliche Pflege beinhalten sollte. Auf der Grundlage der oben dargelegten Grundsätze kommt es hierauf allerdings an, da bei einer Übernahme der Kosten für eine häusliche Pflege durch den Sohn eine dauernde Last vorliegt.
Der Bundesfinanzhof bewertete den Hofübergabe- und Versorgungsvertrag nun anders als zuvor das Finanzgericht: Die Auslegung des Hofübergabe- und Versorgungsvertrags ergab für den Bundesfinanzhof, dass eine Anpassung der Höhe der wiederkehrenden Barleistungen nach § 323 ZPO im Falle eines pflegebedingten Mehrbedarfs bei häuslicher Pflege nicht ausgeschlossen ist. Danach sind die vom Sohn geleisteten Zahlungen als dauernde Last anzusehen und in voller Höhe bei den Sonderausgaben abzuziehen:
Bei der Vertragsauslegung ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände verstehen musste (Empfängerhorizont). Der Bundesfinanzhof legt den vorliegenden Vertrag dergestalt aus, dass eine Anpassung der Höhe der wiederkehrenden Barleistungen nach § 323 ZPO im Falle eines pflegebedingten Mehrbedarfs bei häuslicher Unterbringung nicht ausgeschlossen ist.
Der Vertrag enthält allein in Ziffer V. Nr. 7 Regelungen zur Abänderbarkeit der wiederkehrenden Barleistungen. Darin wird einerseits die sinngemäße Anwendbarkeit des § 323 ZPO mit materiellrechtlicher Wirkung vereinbart und anderseits bestimmt, unter welchen Umständen die Anpassung wegen eines Mehrbedarfs ausgeschlossen ist: Dies soll (nur) bei einem durch das Verlassen der derzeitigen Wohnung durch die Übergeber gleich aus welchem Grund (z.B. Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim)- verursachten Mehrbedarf der Fall sein. Eine andere Fallgestaltung wird nicht angesprochen. Insbesondere wird nicht erwähnt, dass eine Anpassung aufgrund eines Mehrbedarfs bei häuslicher Pflege ausgeschlossen sein soll. Da es sich um einen typischen Altenteilsvertrag handelt, müsste der Ausschluss dieses pflegebedingten Mehrbedarfs allerdings eindeutig ausgeschlossen sein. In Ziffer V. Nr. 8 des Vertrags wird lediglich der Verzicht auf die Aufnahme einer persönlichen Pflegeverpflichtung durch den Erwerber zugunsten seiner Eltern geregelt. Eine Verbindung zu Ziffer V. Nr. 7 bzw. zur Anwendbarkeit des § 323 ZPO wird nicht hergestellt und weder ein Mehrbedarf bei häuslicher Unterbringung noch dessen Ausschluss angesprochen.
Die bekannten Begleitumstände sprechen ebenfalls für das hier gefundene Auslegungsergebnis. Nach der Erklärung des beurkundenden Notars L, die sich zu denselben Regelungen in vergleichbaren Hofübergabeverträgen verhält, bedeutet der in Ziffer V. Nr. 8 des Vertrags aufgenommene Satz lediglich, dass der Erwerber nicht höchstpersönlich selbst eine Pflegeleistung im Bedarfsfall erbringen muss, so wie dies historisch in vielen Übergabeverträgen vereinbart war. Der Sohn sei nicht für die Pflege der Eltern verantwortlich, vielmehr obliege diese den Eltern selbst. Sie könnten selbst entscheiden, wie sie ihre Pflege organisierten. Eine denkbare Möglichkeit sei, dass der Betriebsnachfolger oder dessen Familie freiwillig im Bedarfsfall die Pflege übernehme. Er könne dies aber ablehnen, ohne den Übergabevertrag zu verletzen. In diesem Fall könnten die Eltern im Bedarfsfall selbstverständlich auch Fremdhilfe gegen Entgelt für ihre häusliche Pflege in Anspruch nehmen und den hierdurch verursachten Mehrbedarf im Rahmen der Anpassung der dauernden Last gegen den Sohn geltend machen. Es sind im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Sohn und seine Eltern die Ziffern V. Nr. 7 und Nr. 8 des zwischen ihnen geschlossenen Vertrags hiervon abweichend verstanden haben könnten.
Das Vorbringen des Finanzamtes, der vorliegend verwendete Begriff der „Pflegeverpflichtung“ umfasse (stets) sowohl den finanziellen als auch den persönlichen Pflegeaspekt, nur eine „Pflegeleistung“ beschränke sich auf die persönliche Pflege, führt zu keiner anderen Einschätzung. Vielmehr zeigt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass das vom Notar geäußerte Vertragsverständnis zutreffend ist. Der Bundesgerichtshof führt in seinem Urteil vom 29.01.2010[9] aus: „Der Übernehmer verpflichtet sich zu der Pflege und Betreuung des Übergebers meist in der Annahme, die geschuldeten Dienste selbst oder durch Familienangehörige, also ohne finanziellen Aufwand, erbringen zu können. Es entspricht deshalb in aller Regel nicht dem für die ergänzende Vertragsauslegung maßgeblichen- hypothetischen Parteiwillen, dass Geldzahlungen an die Stelle der versprochenen Dienste treten, wenn diese aus Gründen, die der Übernehmer nicht zu vertreten hat, nicht mehr erbracht werden können.“ Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.11.2002[10] heißt es weiter, dass der Übernehmer keine Vollzeitpflege schulde und deshalb auch dann keine professionellen Pflegekräfte engagieren und bezahlen müsse, wenn deren Inanspruchnahme für eine ordnungsgemäße häusliche Pflege des Übergebers im Laufe der Zeit unumgänglich geworden wäre. Hiernach betrifft die Übernahme einer „Pflegeverpflichtung“ gerade nicht ohne weiteres den finanziellen Aspekt der Pflege.
Ist nach der vorstehend vorgenommenen Auslegung des Versorgungsvertrags die Änderbarkeit der Höhe der Barleistungen gemäß § 323 ZPO wegen eines Mehrbedarfs infolge dauernder Pflegebedürftigkeit bei häuslicher Pflege insbesondere die Übernahme der Kosten für die Inanspruchnahme von geschulten Pflegekräften- nicht ausgeschlossen, so genügt dies nach den oben dargestellten Grundsätzen für die Annahme einer dauernden Last. Dem steht der Verzicht auf die Verpflichtung persönlich durch den Sohn nicht entgegen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Juni 2021 – X R 29/19
- vgl. BFH, Urteil vom 16.06.2021 – X R 31/20, BFHE 273, 526, BStBl – II 2022, 165[↩]
- FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.07.2019 – 5 K 2332/17, EFG 2019, 1540[↩]
- BGBl I 2007, 3150[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 27.08.1997 – X R 54/94, BFHE 184, 337, BStBl – II 1997, 813, unter II. 1.b[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 12.05.2003 – GrS 1/00, BFHE 202, 464, BStBl – II 2004, 95[↩]
- vgl. FG Rheinland-Pfalz, EFG 2019, 1540, Rz 29[↩]
- BFH, Urteil vom 23.11.2016 – X R 8/14, BFHE 256, 415, BStBl – II 2017, 512, Rz 30[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 16.07.2021 – X R 31/20[↩]
- BGH, Urteil vom 29.01.2010 – V ZR 132/09, NJW 2010, 2649[↩]
- BGH, Urteil vom 21.11.2002 – V ZB 40/02, NJW 2003, 1126[↩]