EU-Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel – und das Verkehrsverbot für Wein

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB ist es verboten, Keltertrauben für die Weinherstellung zu verwenden, in oder auf denen Rückstände eines Pflanzenschutzmittels im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes vorhanden sind, das nicht zugelassen ist oder beim Weinbau nicht angewendet werden darf. Das galt gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB bereits vor seiner Änderung durch Gesetz vom 27.07.2021[1] auch dann nicht, wenn für das Pflanzenschutzmittel Rückstandshöchstgehalte nicht durch eine Rechtsverordnung des Bundes, sondern durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt waren.

EU-Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel – und das Verkehrsverbot für Wein

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des durch die Vernichtung des Weins erledigten Verkehrsverbots, bei dem es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist die Sach- und Rechtslage im Geltungszeitraum des Verbots[2]. Vorliegend wurde der Wein in der Zeit vom 20.10.2017 bis zum 2.09.2019 entsorgt. Danach galt das Verkehrsverbot bis zum 2.09.2019 (§ 1 SächsVwVfZG i. V. m. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Rechtsgrundlage für den Erlass des Verkehrsverbots war Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Buchst. b und h der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz[3], im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt geändert durch die Durchführungsverordnung (EU) 2018/1587 der Kommission vom 22.10.2018[4]. Der Anwendungsbereich der Verordnung war eröffnet (vgl. Art. 1 Abs. 1 und 2 VO Nr. 882/2004, Art. 1 Abs. 2 Buchst. l, Art. 73 VO Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse , im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt geändert durch Verordnung 2017/2393 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2017 ). Anders als in der Vorinstanz vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht angenommen[5], war Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) Nr. 882/2004 auch anwendbar, soweit die Behörde das Verkehrsverbot zur Verhinderung eines künftigen Verstoßes anordnete. Für diese Auslegung sprechen der Sinn und Zweck der Vorschrift. Das Lebensmittelrecht könnte nicht effektiv durchgesetzt werden, wenn die Behörde erst einschreiten dürfte, nachdem ein Verstoß begangen wurde. Vielmehr muss ihr ein Einschreiten auch zur Verhinderung künftiger Verstöße möglich sein. Die Wortlautgrenze wird durch diese Auslegung nicht überschritten. Die Voraussetzung „stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest“ schließt die Einbeziehung eines künftigen Verstoßes nicht aus.

Dass die Behörde die Anordnung des Verkehrsverbots auch auf § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch – LFGB) gestützt hatte, ist unschädlich. Aus § 39 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 LFGB in der im maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung ergab sich nichts Anderes[6].

§ 27 Abs. 1 Satz 1 WeinG, der im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt durch das Gesetz vom 02.10.2014[7] geändert worden ist, verbietet das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, die nicht den Vorschriften des Weingesetzes entsprechen, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Wein gehört zu den Erzeugnissen im Sinne der Norm (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Nr. 1 WeinG). Ein Wein entspricht den Vorschriften des Weingesetzes nicht, wenn für seine Herstellung Keltertrauben verwendet werden, die ihrerseits nicht dem Weingesetz entsprechen. Denn gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 WeinG dürfen die in Satz 1 genannten Erzeugnisse – und damit auch Keltertrauben, die dem Weingesetz nicht entsprechen, nicht verwendet oder verwertet werden, es sei denn, dass ihre Vorschriftswidrigkeit ausschließlich auf der Verletzung von Vorschriften über Bezeichnungen, sonstige Angaben und Aufmachungen beruht. Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 WeinG ist für Rückstände auf Weintrauben § 9 Abs. 1 LFGB anzuwenden. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB, der im hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt durch die Verordnung vom 24.11.2016[8] geändert worden ist, ist es verboten, Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, wenn in oder auf ihnen Pflanzenschutzmittel im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes vorhanden sind, die nicht zugelassen sind oder die bei den Lebensmitteln oder deren Ausgangsstoffen nicht angewendet werden dürfen. Danach ist es gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 5 Nr. 1 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB verboten, Keltertrauben für die Weinherstellung zu verwenden, in oder auf denen Rückstände eines Pflanzenschutzmittels im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes vorhanden sind, das nicht zugelassen ist oder beim Weinbau nicht angewendet werden darf.

Das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.02.2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates[9] am 1.09.2008 hat entgegen der Annahme der Winzerin nicht bewirkt, dass seitdem die in § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB getroffene Regelung nicht mehr gilt oder ihre Anwendung ausgeschlossen ist. Dafür ergeben sich weder aus der EG-Verordnung noch aus den nationalen Regelungen Anhaltspunkte. Der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 5 WeinG ist entgegen der Auffassung der Winzerin auch nicht dergestalt teleologisch zu reduzieren, dass „Rückstände“ im Sinne dieser Vorschrift nur solche sind, die die Rückstandshöchstgehalte nach Art. 18 Abs. 1 VO (EG) Nr. 396/2005 überschreiten. Der Wortlaut der Regelung bietet hierfür keinen Anhaltspunkt. Der Gesetzgeber ist vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 zwar von der Anwendbarkeit der Rückstands-Höchstmengenverordnung für Rückstände in und auf Weintrauben ausgegangen[10]. Hieraus lässt sich indes nicht der Schluss ziehen, er habe die Anwendung des § 13 Abs. 5 WeinG insoweit beschränken oder grundsätzlich ausschließen wollen. In systematischer Hinsicht ergibt sich, dass das Lebensmittel, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch nach seinem § 4 Abs. 1 Nr. 4 für Erzeugnisse im Sinne des Weingesetzes (nur) gilt, soweit das Weingesetz auf Vorschriften des Lebensmittel, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs verweist. Das ist im Hinblick auf Rückstände in oder auf Weintrauben mit dem Verweis in § 13 Abs. 5 WeinG auf § 9 Abs. 1 LFGB der Fall. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LFGB nimmt Art. 18 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art.20 Abs. 1, der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ausdrücklich in Bezug. Die Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB, wonach das Verbot in Satz 1 Nummer 2 nicht gilt, soweit für die dort genannten Mittel Höchstmengen festgesetzt sind, bezieht auch in der hier maßgeblichen Fassung die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ein. Somit besteht kein Anlass, eine teleologische Reduktion des § 13 Abs. 5 WeinG mit Blick auf Art. 18 Abs. 2 VO (EG) Nr. 396/2005 vorzunehmen, wonach die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von unter Anhang I der Verordnung fallenden Erzeugnissen in ihrem Hoheitsgebiet nicht mit der Begründung verbieten oder verhindern dürfen, dass die Erzeugnisse Pestizidrückstände enthalten, vorausgesetzt, diese Erzeugnisse entsprechen Art. 18 Abs. 1 und Art.20 VO (EG) Nr. 396/2005 oder der Wirkstoff ist in deren Anhang IV aufgeführt.

Das Verbot des § 27 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 5 WeinG i. V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB galt hier aber nicht. Das ergab sich aus § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 03.06.2013[11], bezogen auf den hier maßgeblichen Beurteilungszeitraum zuletzt geändert durch die Verordnung vom 26.01.2016[12]. Die Vorschrift ist dahin auszulegen, dass sie die Geltung von § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB bereits vor ihrer Änderung durch das Gesetz vom 27.07.2021[1] auch dann ausschloss, wenn für das Pflanzenschutzmittel Rückstandshöchstgehalte nicht durch eine Rechtsverordnung des Bundes, sondern durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt waren.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. galt Satz 1 Nummer 2 nicht, soweit für die dort genannten Mittel Höchstmengen nach Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a festgesetzt sind. Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a LFGB wird das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit es zur Erfüllung der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 LFGB, jeweils auch in Verbindung mit § 1 Abs. 3 LFGB, genannten Zwecke erforderlich ist, für Pflanzenschutz- oder sonstige Mittel oder deren Umwandlungs- oder Reaktionsprodukte Höchstmengen festzusetzen, die in oder auf Lebensmitteln beim Inverkehrbringen nicht überschritten sein dürfen.

Der Rückstandshöchstgehalt für Dimethoat in oder auf Keltertrauben und in Weinen war nicht in der Rechtsverordnung des Bundesministeriums nach § 9 Abs. 2 LFGB festgesetzt, sondern in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 (vgl. Art. 18 Abs. 1, Art.20 Abs. 1 i. V. m. Anhang I und II VO Nr. 396/2005). Das stand der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. jedoch nicht entgegen.

Eine § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. entsprechende Regelung enthielt bereits § 14 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG), auf dessen Grundlage die Verordnung über Höchstmengen an Rückständen von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln in oder auf Lebensmitteln (Rückstands-Höchstmengenverordnung – RHmV) i. d. F. der Bekanntmachung vom 21.10.1999[13] erlassen worden ist. Die Verordnung diente unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 90/642/EWG des Rates vom 27.11.1990 über die Festsetzung von Höchstgehalten an Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln auf und in bestimmten Erzeugnissen pflanzlichen Ursprungs, einschließlich Obst und Gemüse[14]. Die dort festgesetzten Höchstwerte galten nicht unmittelbar, sondern bedurften der Umsetzung in nationales Recht. Wenn ein in der Richtlinie festgelegter Höchstwert nicht überschritten war, sollte das Lebensmittel auch dann verkehrsfähig sein, wenn das Pestizid in Deutschland nicht als Pflanzenschutzmittel zugelassen war.

Die Richtlinie 90/642/EWG ist durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ersetzt worden[15], ohne dass damit ein Wechsel des Regelungskonzepts einhergegangen wäre. Nach Inkrafttreten der EG-Verordnung im Jahr 2008 bedurften die dort festgelegten Höchstgehalte – anders als bei der vorherigen Regelung in einer Richtlinie – nicht mehr der Umsetzung durch die Rückstandshöchstmengen-Verordnung; sie waren nunmehr nach Art. 18 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art.20 Abs. 1, der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt und galten unmittelbar (Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV). Der deutsche Gesetzgeber hatte hinsichtlich der in § 9 Abs. 1 LFGB getroffenen Regelung die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 im Blick[16]. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergibt sich danach, dass der Gesetzgeber bei der in § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. getroffenen Regelung die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 einbeziehen und den unionsrechtlich festgelegten Pestizid-Höchstwerten (weiterhin) Vorrang vor der nationalen Zulassung von Pflanzenschutzmitteln geben wollte. Es ist nicht ersichtlich, warum der Umstand, dass die Europäische Union die Höchstwerte nicht mehr durch eine Richtlinie, sondern durch eine Verordnung mit unmittelbarer Wirkung für die Mitgliedstaaten festlegte, den bisher geltenden Vorrang der Höchstwerte infrage stellen sollte.

Gestützt wird dies durch eine entsprechende Einfügung mit dem Gesetz vom 27.07.2021[1]. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB in der Fassung dieses Gesetzes gilt § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB nicht, soweit für die dort genannten Mittel Rückstandshöchstgehalte nach Art. 18 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art.20 Abs. 1, der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 oder Höchstmengen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a LFGB festgesetzt sind. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu[17]: „Die Änderung […] dient der Klarstellung, dass […] Nummer 2 nicht nur dann gesperrt ist, wenn die nationale Rückstands-Höchstmengenverordnung eine erlaubte Höchstmenge vorsieht. Vielmehr gilt entsprechendes aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts auch dann, wenn in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ein entsprechender Rückstandshöchstgehalt festgelegt ist.“ Auch wenn der Gesetzgeber nicht über Auslegungsgrenzen hinweg bestimmen könnte, ob eine Änderung eine lediglich klarstellende Funktion hat, ergibt sich daraus jedenfalls nichts gegen die Erstreckung des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. auf die durch die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgelegten Rückstandshöchstgehalte.

Dieses Auslegungsergebnis überschreitet nicht deshalb die Wortlautgrenze, weil § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. allein auf Rückstands-Höchstmengen in einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft abgestellt hat. Der Normgeber hat seinerzeit wegen der unmittelbaren Geltung der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 deren ausdrückliche Einbeziehung in § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. nicht für erforderlich halten dürfen.

Die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LFGB steht dem nicht entgegen. Hiernach ist es verboten, Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, die den Anforderungen nach Art. 18 Abs. 1, auch in Verbindung mit Art.20 Abs. 1, der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 nicht entsprechen. Mit dieser ausdrücklichen Bezugnahme wollte der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine Strafbewehrung in § 59 Abs. 1 Nr. 6 LFGB schaffen[16]. Rückschlüsse auf sein Verständnis des § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB a. F. lässt diese Gesetzesänderung, die vor allem im Lichte des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes (Art. 103 Abs. 2 GG) zu sehen ist, nicht zu.

Dem Gesundheitsschutz, den das Sächsische Oberverwaltungsgericht für seine Argumentation zur (Nicht-)Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB in den Vordergrund stellt[18], und dem unionsrechtlichen Vorsorgeprinzip (vgl. Art. 7 VO Nr. 178/2002 sowie Erwägungsgrund 8 der VO Nr. 1107/2009) ist durch die Festsetzung der Rückstandshöchstgehalte für bestimmte Wirkstoffe Rechnung getragen[19]. Wenn sich die Risikoeinschätzung in Bezug auf bestimmte Wirkstoffe ändert, ist das – wie für Dimethoat geschehen, vgl. Durchführungsverordnung (EU) 2019/1090 der Kommission vom 26.06.2019 zur Nichterneuerung der Genehmigung für den Wirkstoff Dimethoat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011[20] – durch eine entsprechende Änderung der Anhänge II und III der VO (EG) Nr. 396/2005 umzusetzen.

Die weitere Annahme des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, § 9 Abs. 1 Satz 2 LFGB gelte nur für importierte Waren[21], geht ebenfalls fehl. Dem Wortlaut der Vorschrift ist keine Unterscheidung von in Deutschland hergestellten und importierten Produkten zu entnehmen. Die Gesetzesbegründung zur Vorgängervorschrift des § 14 LMBG, wonach das Verbot „nicht zuletzt“ für eingeführte Lebensmittel von Bedeutung sei[22], lässt nicht den Schluss zu, die Regelung gelte ausschließlich für diese. Es erschließt sich nicht, weshalb das Lebensmittelrecht die Verkehrsfähigkeit eines Lebensmittels davon abhängig machen sollte, ob es in Deutschland hergestellt wurde oder in einem Land, in dem das Pflanzenschutzmittel für die Herstellung zugelassen ist.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14. September 2023 – 3 C 12.22

  1. BGBl. I S. 3274[][][]
  2. vgl. BVerwG, Urteil vom 02.02.2023 – 3 C 14.21 – NJW 2023, 2658 Rn. 17[]
  3. ABl. L 165 S. 1[]
  4. Abl. L 264 S.20[]
  5. Sächs. OVG, Urteil vom 27.01.2022 – 3 A 1197/19, Rn. 48 f.[]
  6. zur grundsätzlichen Zulässigkeit des Auswechselns der Rechtsgrundlage vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 – 3 C 7.14, BVerwGE 153, 335 Rn. 15[]
  7. BGBl. I S. 1586[]
  8. BGBl. I S. 2656[]
  9. ABl. L 70 S. 1[]
  10. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Weinrechts, BT-Drs. 12/6060 S. 33[]
  11. BGBl. I S. 1426[]
  12. BGBl. I S. 108, im Folgenden: a. F.[]
  13. BGBl. I S.2082[]
  14. ABl. L 350 S. 71[]
  15. vgl. Erwägungsgrund 1 und Art. 48 Abs. 1 VO Nr. 396/2005[]
  16. vgl. BT-Drs. 16/8100 S. 17[][]
  17. BT-Drs.19/25319 S. 49[]
  18. im Anschluss an OLG München, Urteil vom 16.07.2014 ‌- 20 U 4218/13 53 ff.[]
  19. vgl. auch Erwägungsgründe 2 und 5 der VO Nr. 396/2005[]
  20. ABl. L 173 S. 39[]
  21. im Anschluss an VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 02.03.2010 – 9 S 171/09, NVwZ-RR 2010, 804 <806>[]
  22. BT-Drs. 7/255 S. 30[]