Stellt die zuständige Behörde fest, dass beim Transport von Puten die den Tieren zu gewährleistende Mindestbodenfläche nicht eingehalten wird, kann sie dem Transportunternehmer nach Art. 26 Abs. 1 und Abs. 4 Buchst. a VO (EG) 1/2005 aufgeben, bei zukünftigen Beförderungen dieser Anforderung zu genügen. Sie muss sich nicht darauf verweisen lassen, dass der Mäster als Absender die Verladung der Tiere übernehme und deshalb wegen seiner Sachnähe der richtige Adressat des Bescheides sei.

Rechtsgrundlage für das Einschreiten der zuständigen Behörde ist Art. 26 Abs. 1 und Abs. 4 Buchst. a VO (EG) 1/2005. Diese Verordnung ist nach der ihrem Art. 37 nachfolgenden Schlussformel in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat für die VO (EG) 1/2005 deren unmittelbare Wirkung in den nationalen Rechtsordnungen unter Bezugnahme auf Art. 288 Abs. 2 AEUV bestätigt[1]. Unerheblich ist, dass die Behörde in seinem Bescheid als Ermächtigungsgrundlage § 16 a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 TierSchG herangezogen hat. Die unionsrechtliche Eingriffsnorm ist geeignet, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. In einem solchen Fall, in dem der Austausch der Normen den auf Untersagung eines tierschutzwidrigen Putentransports gerichteten Tenor des Bescheides unberührt lässt und wesentlich andere oder zusätzliche Ermessenserwägungen nicht erforderlich sind, erweist sich der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht als rechtswidrig[2].
Stellt die zuständige Behörde fest, dass ein Transportunternehmer die Vorschriften der Verordnung nicht eingehalten hat, kann sie ihn nach Art. 26 Abs. 1 und Abs. 4 Buchst. a VO (EG) 1/2005 verpflichten, festgestellte Mängel zu beseitigen und Vorkehrungen zu treffen, um Wiederholungsfälle zu vermeiden. Die Antragstellerin hat eine Zulassung als Transportunternehmer im Sinne des Art. 11 Abs. 1 VO (EG) 1/2005. Befördert sie Tiere, ist nach Art. 3 Satz 2 Buchst. g VO (EG) 1/2005 den Tieren entsprechend ihrer Größe und der geplanten Beförderung ausreichend Bodenfläche und Standhöhe zur Verfügung zu stellen. Als Transportunternehmer ist sie gemäß Art. 6 Abs. 3 VO (EG) 1/2005 verpflichtet, Tiere nach Maßgabe der in Anhang I der Verordnung genannten technischen Vorschriften zu befördern. Aus Anhang I Kapitel VII Buchst. E der VO (EG) 1/2005 geht hervor, dass für den Transport von Geflügel mit einem Gewicht von mehr als 5 kg eine Mindestbodenfläche von 105 cm²/kg in den Transportbehältern zu gewährleisten ist.
Anhang I Kapitel VII Buchst. E der VO (EG) 1/2005 bestimmt, dass bei diesen Ladedichten je nach Gewicht und Größe der Tiere sowie entsprechend ihrer körperlichen Verfassung, den Witterungsbedingungen und der voraussichtlichen Beförderungsdauer Abweichungen möglich sind. Diese Regelung ist dahin zu verstehen, dass im Einzelfall von der festgesetzten Mindestbodenfläche „nach oben“ durch Vergrößerung der Mindestbodenfläche abgewichen werden kann, um das Platzangebot zugunsten der Tiere zu erweitern. Hingegen ist eine Abweichung „nach unten“ nicht möglich.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der das Kapitel VII „Raumangebot“ des Anhangs I zu der VO (EG) 1/2005 einleitende, den Einzelregelungen zu verschiedenen Tierarten unter den Buchstaben A bis E vorangestellte Satz „Das Raumangebot für Tiere muss zumindest den folgenden Werten entsprechen“ dahin auszulegen ist, dass es sich bei den nachfolgenden Angaben um Mindestwerte handelt, die nicht unterschritten werden dürfen. Käme es hierauf an, wäre zunächst der Auffassung der Antragstellerin weiter nachzugehen, dass es sich hierbei nicht um eine generelle, eine Unterschreitung der angegebenen Werte ausschließende Regelung handele, sondern um eine Bestimmung, die die Ermittlung des erforderlichen Raumangebotes unter Berücksichtigung bzw. Anwendung der für die jeweiligen Tiere geltenden Vorschriften unter den Buchstaben A bis E zulasse. Für die Auffassung der Antragstellerin könnte sprechen, dass unter den beispielhaft erwähnten Regelungen der Buchstaben A, C und D eine Abweichung nur nach oben (siehe Buchstabe D für Schweine), eine Abweichung nach oben und nach unten (siehe Buchstabe C für Schafe/Ziegen, Transport auf der Straße, Möglichkeit der Unterschreitung der Mindestbodenfläche für kleine Lämmer) und eine prozentuale Abweichung ohne ausdrückliche Festlegung, ob die Ladedichte vergrößert oder auch verringert werden kann (siehe Buchstabe A für Hausequiden, Transport auf der Straße, Abweichungen bis höchstens 10% bzw.20%), zugelassen wird. Ob der oben angegebene Einleitungssatz in dem von der Antragstellerin genannten Sinn zu verstehen ist, muss an dieser Stelle nicht vertieft werden.
Im Gegensatz zu den Teilregelungen unter den Buchstaben A, B, C und D wird unter dem Buchstaben E zur Ladedichte bei Geflügel die tabellarische Übersicht mit den Worten eingeleitet: „Es sind folgende Mindestbodenflächen zu gewährleisten“. Damit wird klargestellt, dass diese Mindestbodenflächen zwingend einzuhalten sind. Der nachfolgende Satz kann deshalb nur so verstanden werden, dass bei besonderen Erschwernissen, wie zum Beispiel bei einer schlechten körperlichen Verfassung der Tiere oder bei besonderen Witterungsbedingungen von der Ladedichte durch Vergrößerung der den Tieren zu gewährenden Mindestbodenfläche abgewichen werden kann.
Soweit der Transportunternehmer meint, es könne aus Gründen des Tierschutzes sinnvoll sein, bei schweren und sehr schweren Mastputen (Gewicht größer als 18 kg) die Mindestbodenfläche je kg angemessen zu verringern, um zu vermeiden, dass die Mastputen bei Transportbewegungen wegen einer „zu großen“ Bodenfläche umfallen, spricht dieser Vortrag nicht gegen die nach der VO (EG) 1/2005 in jedem Fall zu gewährleistende Mindestbodenfläche beim Geflügeltransport. Der nationale Verordnungsgeber hat in der Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport und zur Durchführung der VO (EG) 1/2005 – TierSchTrV – in § 6 besondere Anforderungen an Behältnisse zum Transport von Tieren festgelegt. Sie richten sich zwar nicht an den Transportunternehmer, sondern an den Absender, enthalten aber in Verbindung mit der Anlage 1 zu dieser Vorschrift, dort unter 1., allgemeingültige Aussagen zu den bei innerstaatlichen Transporten von Puten einzuhaltenden Mindestabmessungen in Bezug auf die Mindestbodenfläche und Mindesthöhe der Transportbehältnisse. Während unionsrechtlich für den Transport von Geflügel mit einem Gewicht von mehr als 5 kg eine Mindestbodenfläche von 105 cm²/kg ohne weitere Differenzierung zu gewährleisten ist, wird in der Anlage 1 zu § 6 TierSchTrV, dort unter 1., zwischen Tieren mit bis zu 5 kg, 10 kg, 15 kg und 30 kg Lebendgewicht unterschieden. Bei den Tieren mit mehr als 5 kg Gewicht steigt die einzuhaltende Mindesthöhe des Transportbehältnisses mit dem Gewicht der Tiere an, hingegen bleibt es in Bezug auf die zu gewährleistende Mindestbodenfläche in den genannten Gewichtsklassen ab 10 kg aufwärts bei dem Wert von 105 cm²/kg. Angesichts dieser Ausführungsbestimmung des nationalen Verordnungsgebers, zu deren Erlass er nach Art. 1 Abs. 3 VO (EG) 1/2005 befugt ist[3], überzeugt es nicht, dass die von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe des Tierschutzes zu einer Einzelfallprüfung bei jedem konkreten Tiertransport zwingen sollen. Gerade wegen der allgemeinen Bedingung für Tierbeförderungen, Tiere vor Verletzungen und unnötigen Leiden zu schützen (vgl. Art. 3 Abs. 1 VO (EG) 1/2005), sind detaillierte Vorschriften unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse, die sich im Zusammenhang mit den verschiedenen Transportarten ergeben[4], erforderlich, die zwangsläufig pauschalisierenden Charakter haben müssen.
Die Heranziehung des Transportunternehmers im Sinne des Art. 11 Abs. 1 VO (EG) 1/2005 ist sachgerecht und lässt einen Ermessensfehler nicht erkennen. Die Bestimmungen der VO (EG) 1/2005 richten sich vornehmlich an den Transportunternehmer. Ihm werden zahlreiche Vorgaben gemacht, die er zur Aufrechterhaltung des Wohlbefindens der Tiere während des Transportes zu beachten hat. Diese Anforderungen gelten auch bei der Beförderung von Puten und beschränken sich nicht auf den eigentlichen Transport der Tiere nach Abschluss der Verladung. Nach Art. 6 Abs. 3 VO (EG) 1/2005 ist der Transportunternehmer ausdrücklich verpflichtet, die in dem Anhang I zu dieser Vorschrift unter Kapitel VII Buchst. E geforderten Mindestbodenflächen bei dem Transport von Puten zu gewährleisten. Mit welchen Mitteln er die Einhaltung dieser Anforderung sicherstellt, überlassen die unionsrechtlichen Vorschriften dem Transportunternehmer.
Der Verantwortlichkeit des Transportunternehmers für einen tierschutzgerechten Transport der Puten steht nicht entgegen, dass er zwar auf seinen Fahrzeugen fest installierte Transportbehältnisse bereithält, die Verladung der Puten aber dem Mastbetrieb oder einer von ihm beauftragten Ladekolonne überlässt und damit keinen Einfluss darauf hat, ob die zulässige Anzahl von Puten je Transportbehältnis eingehalten wird. Die Fähigkeit, unter Berücksichtigung der Behälterabmessungen und des Gewichts der Tiere die Behältnisse nicht zu überladen, muss nicht nur bei dem Mastbetrieb oder der von ihm beauftragten Verladekolonne, sondern auch bei den Mitarbeitern des Transportunternehmens vorliegen. Nach Art. 6 Abs. 4 VO (EG) 1/2005 dürfen Transportunternehmer den Umgang mit den Tieren nur Personen anvertrauen, die zu den einschlägigen Regelungen der Anhänge I und I der Verordnung geschult wurden. Die Mitarbeiter des Transportunternehmens müssen deshalb ebenfalls in der Lage sein, durch eine Gegenüberstellung der vorhandenen Transportfläche auf den Fahrzeugen und des beispielsweise durch Inaugenscheinnahme zu ermittelnden Gewichts der zu transportierenden Puten die Zahl der Tiere für jeden Transportbehälter zu bestimmen. Hierfür werden sich im Laufe der Zeit Erfahrungswerte herausbilden bzw. bereits herausgebildet haben. Lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, ob das Fahrzeug überladen ist, muss die Ladedichte vorsorglich aus Gründen des Tierschutzes verringert werden.
Unerheblich ist, dass nach § 6 TierSchTrV auch der Mäster als Absender für die Gewährleistung einer Mindestbodenfläche beim Transport von Puten verantwortlich ist. Aus den vorstehenden Gründen bestehen keine Bedenken, den Transportunternehmer zur Einhaltung der dem Transportunternehmer obliegenden Pflichten durch den Untersagungsbescheid anzuhalten.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 15. August 2014 – 11 ME 116/14