Bodenschätzung – bei landwirtschaftlichem Kulturboden

Die Schätzung des landwirtschaftlichen Kulturbodens richtet sich nach der gemeinüblichen Bewirtschaftung, die der natürlichen Ertragsfähigkeit entspricht. Gemeinüblich ist die in der jeweiligen Gegend für die durch dieselbe Ertragsfähigkeit charakterisierten Flächen allgemein übliche Nutzung, sofern diese Nutzung der natürlichen Ertragsfähigkeit entspricht. Die Gemeinüblichkeit kann durch externe Faktoren mitbestimmt werden. Die aktuelle und konkrete Nutzung des jeweiligen Flurstücks ist unerheblich.

Bodenschätzung – bei landwirtschaftlichem Kulturboden

In dem hier vom Bundesfinazhof entschiedenen Fall war strittig, ob die streitgegenständlichen Flächen wie bisher als Acker-Grünland (Wechselland) oder als absolutes Ackerland zu bewerten ist. Aus dem Umstand, dass die streitigen Flächen tatsächlich nur noch als Grünland genutzt werden, folgt -anders als erstinstanzlich das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht[1] meinte- jedenfalls nicht, dass deshalb kein Wechselland (mehr), sondern absolutes Ackerland vorliege. Ob die Bodenschätzung im Ergebnis zutreffend ist, hängt von der der natürlichen Ertragsfähigkeit entsprechenden gemeinüblichen Bewirtschaftung ab.

Die Bodenschätzung i.S. des BodSchätzG ist u.a. Grundlage für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BodSchätzG soll sie für die Besteuerung der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen des Bundesgebiets einheitliche Bewertungsgrundlagen schaffen. Daneben dient sie nach § 1 Abs. 1 Satz 2 BodSchätzG auch nichtsteuerlichen Zwecken.

Sie umfasst nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BodSchätzG u.a. die Feststellung der Ertragsfähigkeit auf Grund der natürlichen Ertragsbedingungen; das sind Bodenbeschaffenheit, Geländegestaltung, klimatische Verhältnisse und Wasserverhältnisse. An die Ergebnisse der Bodenschätzung knüpft die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens insbesondere in § 50 BewG an.

Zu den landwirtschaftlich nutzbaren Flächen i.S. des § 1 BodSchätzG gehören nach § 2 Abs. 1 BodSchätzG die Nutzungsarten Ackerland (Nr. 1) sowie Grünland (Nr. 2). Die Nutzungsart „Ackerland“ ist in § 2 Abs. 3 Nr. 1 BodSchätzG, die Nutzungsart „Grünland“ in § 2 Abs. 3 Nr. 2 BodSchätzG näher definiert und beschrieben. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 Sätze 2 und 3 BodSchätzG gehört zum Ackerland auch das Acker-Grünland (Wechsellandkennzeichen AGr), das durch einen Wechsel in der Nutzung von Ackerland und Grünland gekennzeichnet ist, bei dem jedoch die Ackernutzung überwiegt. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 Sätze 2 und 3 BodSchätzG gehört zum Grünland auch der Grünland-Acker (Wechsellandkennzeichen GrA), der durch einen Wechsel in der Nutzung von Grünland und Ackerland gekennzeichnet ist, bei dem jedoch die Grünlandnutzung überwiegt. Auf Grundlage der jeweiligen Nutzungsart vollzieht sich die Bodenschätzung für Ackerland gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 BodSchätzG nach dem Ackerschätzungsrahmen in Anlage 1 zum BodSchätzG und für Grünland gemäß § 3 Satz 1 Nr. 2 BodSchätzG nach dem Grünlandschätzungsrahmen in Anlage 2 zum BodSchätzG.

Die Bodenschätzung erfolgt in einem eigenen Verfahren.

Das Bodenschätzungsverfahren folgt nach Maßgabe von § 12 BodSchätzG nur teilweise der Abgabenordnung (AO), sofern das BodSchätzG keine andere Regelung trifft. Die Bodenschätzungsergebnisse werden nach § 13 Abs. 1 und 2 BodSchätzG ohne individuellen Verwaltungsakt durch Offenlegung bekannt gegeben, die ihrerseits öffentlich bekannt zu geben ist. Da der letzte Tag der Offenlegungsfrist als Tag einer Bekanntgabe gilt, beginnt die Rechtsbehelfsfrist zur Gewährleistung des Individualrechtsschutzes zu laufen[2].

Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 BodSchätzG treten mit dem Ablauf der Offenlegungsfrist die Rechtswirkungen eines Feststellungsbescheids über die Ergebnisse der Bodenschätzung ein. Dieser Feststellungsbescheid besitzt die Wirkung eines Grundlagenbescheids i.S. des § 171 Abs. 10 i.V.m. § 179 AO für die Einheitsbewertung der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft[3].

Unbeschadet der Änderungsmöglichkeiten nach der AO ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen eine Nachschätzung nach § 11 BodSchätzG durchzuführen. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn sich entweder die natürlichen Ertragsbedingungen, die den Bodenschätzungsergebnissen einzelner Bodenflächen zugrunde liegen, durch natürliche Ereignisse oder durch künstliche Maßnahmen wesentlich und nachhaltig verändert haben (§ 11 Abs. 1 Alternative 1 BodSchätzG) oder die Nutzungsart (§ 2 BodSchätzG) nachhaltig geändert hat (§ 11 Abs. 1 Alternative 2 BodSchätzG).

Bei der Feststellung der Nutzungsarten[4] ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BodSchätzG von einer der natürlichen Ertragsfähigkeit entsprechenden gemeinüblichen Bewirtschaftung auszugehen; abweichende Bewirtschaftungsformen bleiben unberücksichtigt. Zentraler Begriff für die Feststellung der Nutzungsart ist danach die gemeinübliche Bewirtschaftung, die ihrerseits der natürlichen Ertragsfähigkeit entsprechen muss, während die tatsächliche Nutzung des einzelnen Flurstücks für die Feststellung der Nutzungsart nicht maßgebend ist.

Der Maßstab des § 2 Abs. 2 Satz 1 BodSchätzG für die Feststellung der Nutzungsart gilt auch für das Wechselland. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BodSchätzG ist bei einem regelmäßigen Wechsel verschiedener Nutzungsarten auf derselben Fläche (Wechselland) die vorherrschende Nutzungsart anzunehmen. Es gibt keinen Anlass, den Begriff „Nutzungsart“ in diesem Zusammenhang anders zu verstehen als in § 2 Abs. 2 Satz 1 BodSchätzG. Für die Einstufung von Flächen in verschiedene Kategorien kann denknotwendig nur ein einheitlicher Maßstab gelten.

Eine Bewirtschaftung, die zwar allgemein üblich ist, der natürlichen Ertragsfähigkeit aber nicht entspricht, ist keine gemeinübliche Bewirtschaftung i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 1 BodSchätzG. Sie kann der Feststellung der Nutzungsart nicht zugrunde gelegt werden. Die natürliche Ertragsfähigkeit wiederum knüpft nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BodSchätzG an die natürlichen Ertragsbedingungen an. Das bedeutet, dass eine Bewirtschaftung, die nicht den natürlichen Ertragsbedingungen der zu schätzenden Fläche entspricht, nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BodSchätzG für die Nutzungsart nicht maßgebend ist. Die natürlichen Ertragsbedingungen bilden so über die natürliche Ertragsfähigkeit einen Rahmen, der nicht verlassen werden darf.

Derselben natürlichen Ertragsfähigkeit können jedoch an verschiedenen Orten oder zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche gemeinübliche Bewirtschaftungsformen entsprechen.

Dieses Verständnis entspricht dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 1 BodSchätzG. Der Vorschrift ist eine Verengung auf lediglich eine einzige denkbare gemeinübliche Bewirtschaftung -bei identischen Ertragsbedingungen- nicht zu entnehmen. Vielmehr ist es gerade an den durch ambivalente Ertragsbedingungen gekennzeichneten Wechsellandstandorten ohne Weiteres vorstellbar, dass sich räumlich und/oder zeitlich unterschiedliche Bewirtschaftungsformen als gemeinüblich herausbilden.

§ 11 Abs. 1 BodSchätzG bestätigt diese Auslegung. Wäre durch die natürlichen Ertragsbedingungen lediglich eine bestimmte gemeinübliche Bewirtschaftung und damit eine bestimmte Nutzungsart bedingt, wären in dieser Vorschrift die beiden als Alternativen formulierten Tatbestandsmerkmale inhaltlich identisch, nämlich die Voraussetzungen für die Nachschätzung[5]. Ein solches Auslegungsergebnis erscheint sinnwidrig.

Wenn sowohl die Ackernutzung als auch die Grünlandnutzung der natürlichen Ertragsfähigkeit entspricht, ist für die Nutzungsart entscheidend, welche Bewirtschaftungsform gemeinüblich ist. Dem Begriff „gemeinüblich“ ist zwar eine Anknüpfung an tatsächliche Gepflogenheiten und damit auch in gewissem Umfang an tatsächliche Nutzungen immanent. Diese Anknüpfung reicht jedoch nicht so weit, dass es auf die aktuelle und konkrete Nutzung des jeweiligen Flurstücks ankäme. Gemeinüblich ist vielmehr die in der jeweiligen Gegend für die durch dieselbe Ertragsfähigkeit charakterisierten Flächen allgemein übliche Nutzung, sofern sie der Ertragsfähigkeit entspricht.

Prägend für die Gemeinüblichkeit der Bewirtschaftung bei gleicher oder gleichbleibender Ertragsfähigkeit des Bodens können externe Faktoren sein, wie etwa der Stand der Agrarwissenschaften mit der Fortentwicklung der Pflanzen- und Tierzucht. Entscheidende Bedeutung können aber auch rechtliche sowie sonstige ökonomische und ökologische Aspekte haben. Dazu können außersteuerliche Vorschriften gehören, die die Nutzung der land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen regulieren. Insbesondere Vorschriften, die absolute Nutzungsgebote oder -verbote enthalten oder eine bestimmte Nutzungsform erheblich erschweren, werden typischerweise jedenfalls dann, wenn sie längerfristig angelegt sind, die Gemeinüblichkeit maßgebend mitbestimmen.

Eine Bewirtschaftungsform, die nicht gemeinüblich ist, ist schon nach diesen Maßstäben für die Bestimmung der Nutzungsart auch dann unerheblich, wenn sie tatsächlich praktiziert wird. § 2 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BodSchätzG stellt ergänzend klar, dass die konkret gewählte Bewirtschaftung des betreffenden Flurstücks und damit die tatsächliche Nutzung nicht entscheidend ist[6].

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht ist in der Vorinstanz von abweichenden Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Der Bundesfinanzhof vermag auf Grundlage der Feststellungen des Finanzgerichts nicht abschließend zu beurteilen, ob sich die Ablehnung der Nachschätzung und damit der Fortbestand der Bodenschätzung als Acker-Grünland als im Ergebnis rechtmäßig erweist.

Zwar weisen die natürlichen Ertragsbedingungen nach den bindenden und durch die Grundstückseigentümerin im Ergebnis auch nicht in Abrede gestellten Feststellungen des Finanzgerichts seit der letzten Bodenschätzung jedenfalls keine Veränderung auf, die die Eignung als Ackerland gemindert hätte und deshalb nach § 11 Abs. 1 Alternative 1 BodSchätzG die Nachschätzung als Grünland-Acker rechtfertigen.

Der Bundesfinanzhof kann jedoch nicht entscheiden, ob eine Nachschätzung nach § 11 Abs. 1 Alternative 2 BodSchätzG in Betracht kommt. Das Finanzgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob sich zwischen der Bodenschätzung 1938 und dem 01.01.2014 die gemeinübliche Bewirtschaftung geändert hat, sei es durch agrarökonomische oder agrarökologische Faktoren, sei es durch Rechtsvorschriften. Dies ist im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 1. September 2021 – II R 7/19

  1. Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 24.04.2018 – 2 K 138/16[]
  2. vgl. Bruschke in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 50 BewG Rz 84 f.[]
  3. Bruschke in Stenger/Loose, a.a.O., § 50 BewG Rz 86[]
  4. Ackerland oder Grünland[]
  5. Änderung der natürlichen Ertragsbedingungen nach § 11 Abs. 1 Alternative 1 BodSchätzG einerseits sowie Änderung der Nutzungsart nach § 11 Abs. 1 Alternative 2 BodSchätzG andererseits[]
  6. ebenso noch für die Reichsbodenschätzung vor Inkrafttreten des BodSchätzG: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12.11.2009 – 2 K 61/07[]