Weihnachtsbäume – und die Grunderwerbsteuer

Wer ein Grundstück mit aufstehender Weihnachtsbaumkultur erwirbt, hat für den Teil des Kaufpreises, der auf die Bäume entfällt, keine Grunderwerbsteuer zu entrichten. 

Weihnachtsbäume – und die Grunderwerbsteuer

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind diejenigen Leistungen, die für den Erwerb des Grundstücks im Sinne des bürgerlichen Rechts zu erbringen sind. Eine Gegenleistung für Scheinbestandteile gehört nicht zur Bemessungsgrundlage. Gehölze sind Scheinbestandteile, wenn bereits zum Zeitpunkt von Aussaat oder Pflanzung vorgesehen war, sie wieder von dem Grundstück zu entfernen. Das gilt auch für sog. Weihnachtsbaumkulturen.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall erwarb der Käufer Grundbesitz mit angepflanzten Weihnachtsbäumen, die zu gegebener Zeit gefällt werden sollten. Die Gegenleistung für den Aufwuchs war im Vertrag gesondert ausgewiesen. Das Finanzamt setzte für den gesamten Kaufpreis Grunderwerbsteuer fest. Die hiergegen gerichtete Klage des Käufers hatte vor dem Finanzgericht Münster Erfolg[1], das Finanzgericht hielt die Bäume für sog. Scheinbestandteile und bezog den entsprechenden Kaufpreisanteil nicht in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ein. Der Bundesfinanzhof sah dies nun ebenso und wies auch die gegen das finanzgerichtliche Urteil gerichtete Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück:

Zwar gehören alle Leistungen des Erwerbers für das „Grundstück“ zur Bemessungsgrundlage. Der Grundstücksbegriff umfasst auch dessen wesentliche Bestandteile, nämlich die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen. Dazu zählen grundsätzlich auch aufstehende Gehölze. Keine wesentlichen Bestandteile eines Grundstücks sind jedoch die sog. Scheinbestandteile, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden und von Anfang an dazu bestimmt sind, wieder von dem Grundstück entfernt zu werden. Bei Gehölzen kommt es auf die Zweckbestimmung bei Aussaat oder Pflanzung an. Unschädlich ist es, wenn eine lange Verweildauer zu erwarten ist oder das Gehölz bei Entfernung als lebender Organismus zerstört wird.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Kaufvertrag, der den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet. Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung für das Grundstück. Bei einem Grundstückskauf gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Danach gehören zur grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung (Bemessungsgrundlage) alle Leistungen des Erwerbers, die dieser nach den vertraglichen Vereinbarungen gewährt, um das Grundstück zu erwerben[2]. Soweit sich ein Kaufvertrag auch auf Gegenstände bezieht, die nicht Grundstück sind, gehören die hierauf entfallenden Teile des Kaufpreises nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, denn es können nur solche Leistungsverpflichtungen des Erwerbers Gegenleistung sein, die er um des Grundstückserwerbs willen zu erbringen hat[3].

 Unter Grundstück im Sinne des GrEStG ist das Grundstück im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Ob Gehölze zum Grundstück zählen, hängt davon ab, zu welchem Zweck die Aussaat bzw. das Einpflanzen des Gehölzes erfolgt ist.

Grundstück im bürgerlichen Rechtssinne ist der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts ohne Rücksicht auf die Art seiner Nutzung unter einer besonderen Nummer eingetragen ist[4]. Es umfasst nach §§ 94, 95 BGB auch seine wesentlichen Bestandteile, soweit es sich nicht um Scheinbestandteile handelt.

Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, darunter auch die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen (§ 94 Abs. 1 Satz 1 BGB). Samen wird mit dem Aussäen, eine Pflanze wird mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (§ 94 Abs. 1 Satz 2 BGB). Aufstehende Gehölze sind deshalb im Ausgangspunkt wesentliche Bestandteile des Grundstücks, gleich, ob sie durch Selbst- oder Fremdaussaat unmittelbar am Standort gewachsen oder anderweit vorgezogen und eingepflanzt sind[5].

Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB), die sog. Scheinbestandteile. Die Vorschrift schränkt den Anwendungsbereich des § 94 BGB ein[6]. Weihnachtsbaumkulturen sind Scheinbestandteile des Grundstücks[7].

Eine Verbindung erfolgt zu einem vorübergehenden Zweck, wenn ihre spätere Aufhebung von Anfang an beabsichtigt ist. Maßgeblich ist der innere Wille des Einfügenden im Zeitpunkt der Verbindung der Sache. Dieser muss allerdings mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen sein[8]. Einem vorübergehenden Zweck steht es weder entgegen, wenn die spätere Wiedertrennung erst nach langer Dauer zu erwarten ist[9] noch, wenn sie wegen der Art der eingefügten Sachen zwangsläufig zu deren Zerstörung führt[10]. Deshalb ist es ebenso wenig wie im Falle eines nur zu vorübergehendem Zweck errichteten massiven Gebäudes erforderlich, dass die Scheinbestandteileigenschaft auf den ersten Blick sichtbar ist[11]. Es reicht aus, wenn der äußere Anschein damit vereinbar ist.

Bei Verkaufspflanzen in Baumschulen ist von vornherein die vollständige Entfernung von dem Grundstück beabsichtigt. Es handelt sich um Scheinbestandteile[12].

Scheinbestandteile können aber auch vorliegen, wenn aufstehende Bäume gefällt werden sollen[13], sofern dies von Anfang an beabsichtigt war. Wie viel Zeit bis zur planmäßigen Entfernung der Bäume verstreicht, ist unbeachtlich. Werden anders als bei Baumschulgewächsen die Bäume beim Entfernen als lebende Organismen zerstört, steht dies der Eigenschaft als Scheinbestandteil nicht entgegen. Unerheblich ist ferner, ob ein nicht mehr lebensfähiger Rest[14] weiter mit dem Grundstück verbunden ist. Die umgekehrte Frage, wie es zu beurteilen wäre, wenn trotz Kappen des aufstehenden Holzes der Baum als lebensfähiger Organismus bestehen bleibt und planmäßig wieder ausschlägt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

Aus dem BFH, Urteil vom 11.05.1966 – II 171/63[15], auf das sich das Finanzamt beruft, folgt nichts anderes. Es setzt sich nicht mit den §§ 94, 95 BGB auseinander und hat auch keine Feststellungen dahin getroffen, dass der Baumbestand bereits zum Zwecke der späteren Abholzung gesät oder gepflanzt war. Die Überlegung des Finanzamtes, das Holz auf dem Stamm könne nicht gesondert übereignet werden[16], ist nur zutreffend, soweit das Holz nicht Scheinbestandteil ist[17]. Das BFH, Urteil vom 05.06.2008 – IV R 67/05[18], das das Finanzamt weiter heranzieht, befasst sich lediglich mit der -getrennt vom Grund und Boden vorzunehmenden- Bewertung des stehenden Holzes in der Gewinnermittlung, während das Urteil des Brandenburgischen OLG vom 24.03.2009 – 2 U 17/08 (juris) ohne allgemeingültige Aussage auf die konkreten Umstände abgestellt hat.

Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht zutreffend entschieden, dass als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer nur die auf den Grund und Boden entfallenden Anteile des Kaufpreises berücksichtigt werden. Der Kaufpreisanteil für die Weihnachtsbaumkulturen wurde nicht für den Erwerb des Grundstücks geleistet, da die Bäume als Scheinbestandteile nicht Teile des Grundstücks waren. Sie waren bereits bei Pflanzung dazu bestimmt, als Weihnachtsbäume geschnitten und damit wieder von dem Grundstück entfernt zu werden.

Es bedarf keiner weiteren Tatsachenfeststellungen zur Beurteilung der Frage, ob dies mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt in Einklang zu bringen ist. Wenn nicht die Weihnachtsbaumkultur als solche schon durch eine Reihenpflanzung der als Weihnachtsbäume bekannten Baumarten unmittelbar erkennbar sein sollte, widerspräche auch eine äußerlich ungeordnetere Anpflanzung der Zweckbestimmung des Weihnachtsbaumeinschlags nicht. Auf die Verweildauer der Bäume kommt es nicht an. Soweit die Bäume als lebende Organismen anders als Baumschulpflanzen durch das Fällen sowie die Zerkleinerung der Wurzeln zerstört werden, steht dies der Scheinbestandteileigenschaft nicht entgegen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. Februar 2022 – II R 45/19

  1. FG Münster, Urteil vom 14.11.2019 – 8 K 168/19 GrE[]
  2. BFH, Urteil vom 25.04.2018 – II R 50/15, BFHE 262, 169, BStBl II 2018, 602, Rz 13, m.w.N.[]
  3. BFH, Urteil vom 08.09.2010 – II R 28/09, BFHE 231, 244, BStBl II 2011, 227, Rz 10, m.w.N.[]
  4. vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 19.12.1967 – V BLw 24/67, BGHZ 49, 145; BFH, Urteil vom 22.07.2010 – IV R 62/07, BFH/NV 2010, 2261, Rz 29; Grüneberg/Herrler, Bürgerliches Gesetzbuch, 81. Aufl., Überbl v § 873 Rz 1, m.w.N.[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 04.11.2010 – III ZR 45/10, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 2011, 852, Rz 14; BGH, Beschlüsse vom 17.03.2016 – V ZR 185/15, Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport 2016, 587, Rz 4; und vom 26.11.2020 – V ZB 151/19, NJW 2021, 2121, Rz 8[]
  6. vgl. Grüneberg/Ellenberger, a.a.O., § 95 Rz 1[]
  7. so ausdrücklich auch Urteil des Oberlandesgerichts -OLG- Hamm vom 28.02.1992 – 9 U 206/90, Monatsschrift für Deutsches Recht -MDR- 1992, 1034; Urteil des OLG München vom 28.04.1994 – 1 U 6995/93, Versicherungsrecht 1995, 843; Beschluss des Brandenburgischen OLG vom 24.08.2021 – 5 W 74/21 Rz 10[]
  8. BGH, Urteil vom 07.04.2017 – V ZR 52/16, NJW 2017, 2099, Rz 7[]
  9. BGH, Urteil vom 16.11.1973 – V ZR 1/72, MDR 1974, 298, unter II.B.[]
  10. BGH, Urteil vom 22.12.1995 – V ZR 334/94, BGHZ 131, 368, NJW 1996, 916, unter II. 1.a; BFH, Urteil vom 09.04.1997 – II R 95/94, BFHE 182, 373, BStBl II 1997, 452, unter II. 4.; beide betreffend massiv errichtete Gebäude[]
  11. a.A. Beschluss des Brandenburgischen OLG vom 24.08.2021 – 5 W 74/21 Rz 12[]
  12. vgl. bereits Urteile des Reichsgerichts vom 27.04.1907 – V 459/06, Reichsgericht in Zivilsachen -RGZ- 66, 88; und vom 04.10.1922 – V 611/21, RGZ 105, 213; BFH, Urteil vom 14.08.1986 – IV R 341/84, BFHE 147, 449, BStBl II 1987, 23, unter 2.[]
  13. vgl. BGH, Urteil in NJW 2011, 852, Rz 15; Viskorf/Viskorf, GrEStG, 20. Aufl., § 2 Rz 41[]
  14. Wurzeln mit Baumstumpf[]
  15. BFHE 86, 252, BStBl III 1966, 400[]
  16. Staudinger/Stieper (2021) zu § 94 BGB Rz 17[]
  17. explizit wie hier Staudinger/Stieper (2021) zu § 95 BGB Rz 13[]
  18. BFHE 222, 265, BStBl II 2008, 960[]