Einwurf von Grundstücken des Privat- und Betriebsvermögens in ein Umlegungsverfahren

Die Betriebsvermögenseigenschaft eines in das Umlegungsverfahren eingeworfenen Grundstücks setzt sich nur insoweit an dem zugeteilten Grundstück fort, als dieses in Erfüllung des Sollanspruchs gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 BauGB zugeteilt wird[1]. Werden Grundstücke des Privat- und des Betriebsvermögens in das Umlegungsverfahren eingeworfen, sind die zugeteilten Surrogationsgrundstücke, wenn diese den eingeworfenen Grundstücken nicht individuell zugeordnet werden können, entsprechend dem Flächen- oder Wertverhältnis dem Privat- und Betriebsvermögen zuzuordnen. Insoweit wird der Einheitlichkeitsgrundsatz ausnahmsweise durchbrochen[2].

Einwurf von Grundstücken des Privat- und Betriebsvermögens in ein Umlegungsverfahren

So auch in dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall:

Die Flurstücke …3, …2 und …1 gehörten nach den den Bundesfinanzhof bindenden tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlich hiermit befassten Finanzgerichts Rheinland-Pfalz[3] (§ 118 Abs. 2 FGO) ursprünglich zum (notwendigen) Betriebsvermögen des von – V und M zunächst selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Eigentumsbetriebs. Deren Zugehörigkeit zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen blieb -wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat- durch die Einführung der Bodengewinnbesteuerung ab 01.07.1970 unberührt; insbesondere bedurfte es insoweit keines ausdrücklichen Widmungsakts[4]

V und M haben diesen Betrieb zu ihren Lebzeiten nicht aufgegeben. Eine (Teil-)Betriebsaufgabe ist weder durch die (parzellenweise) Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen ab dem 01.09.1978 noch durch die im März 1981 beginnende sukzessive Verpachtung der Weinberge erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat der Steuerpflichtige im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 16 Abs. 3 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder (ob und wie lange er) das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will[5]. Das gilt auch für die (parzellenweise) Verpachtung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe[6]. Schließlich schließt auch eine sukzessive Verpachtung mit unterschiedlichen Laufzeiten eine später wieder erfolgende Eigenbewirtschaftung nicht per se aus[7].

Die mit der Gesetzeslage nicht in Einklang stehenden, norminterpretierenden Erlasse der Finanzverwaltung[8] vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern; sie sind insbesondere nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu begründen[9]. Soweit die Finanzverwaltung aus Gründen des Vertrauensschutzes in den Fällen, in denen die parzellenweise Verpachtung vor der Veröffentlichung der BFH-Urteile vom 15.10.1987[10] im Bundessteuerblatt Teil II (am 15.04.1988) erfolgte, unter bestimmten Voraussetzungen vom Vorliegen einer Betriebsaufgabe ausgeht bzw. ausgegangen ist[11], handelt es sich um eine Billigkeitsmaßnahme, über die nicht im Festsetzungsverfahren, sondern ggf. in einem gesonderten Billigkeitsverfahren nach Maßgabe der §§ 163, 227 der Abgabenordnung (AO) zu entscheiden ist[12].

Eine Betriebsaufgabeerklärung haben V und M -die damaligen Eigentümer und Eltern der jetzigen Gesellschafter der GbR- nicht abgegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung wird ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht durch die Einstellung der Eigenbewirtschaftung aufgegeben. Wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen erhalten bleiben, sodass die Möglichkeit besteht, den Betrieb selbst oder durch die Erben wiederaufzunehmen[13], hängt die Annahme einer Betriebsaufgabe, insbesondere -wie im Streitfall- in Verpachtungsfällen, letztlich von den Absichten des Steuerpflichtigen ab[14].

Aus Beweisgründen konnte die Absicht der Betriebseinstellung auch schon vor Einführung des § 16 Abs. 3b EStG grundsätzlich nur bei einer entsprechenden unmissverständlichen Erklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden[15]. Soweit ausnahmsweise mangels ausdrücklicher Aufgabeerklärung aus anderen Umständen, Handlungen oder Äußerungen auf eine Betriebsaufgabe geschlossen wird, muss das als Aufgabeerklärung gewertete Verhalten erkennbar von dem Bewusstsein getragen sein, dass es als Folge dieser Erklärung zur Versteuerung der stillen Reserven kommt[16]. Dabei trifft den Steuerpflichtigen die (objektive) Feststellungslast für seine Behauptung, der Betrieb sei durch die Verpachtung der bisher selbstbewirtschafteten Flächen oder schon vorher aufgegeben worden[17].

Nach diesen Maßstäben hat das Finanzgericht zu Recht das Vorliegen einer Aufgabeerklärung verneint.

Die Veräußerung von unbebautem Grundbesitz im Wirtschaftsjahr 1991/1992 hat lediglich zu einer Verkleinerung des Betriebs geführt[18].

Auch aus dem Schreiben des – V vom 16.01.1993 ergibt sich -wie das Finanzgericht zutreffend ausgeführt hat- keine eindeutige Aufgabeerklärung, sondern lediglich die Äußerung einer Rechtsmeinung in Bezug auf den Veräußerungsvorgang im Wirtschaftsjahr 1991/1992. Eine bloße Rechtsmeinung zu einem in der Vergangenheit liegenden Vorgang bringt aber nicht zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Absicht endgültig aufgegeben wurde, die unterbrochene betriebliche Tätigkeit (Eigenbewirtschaftung) wiederaufzunehmen[19].

Die unentgeltlichen Übertragungen der Flurstücke …3 und …2 mit Vertrag vom 11.02.2000 an A, B und C sowie zweier Weinberge mit Vertrag vom 19.10.2001 an diese als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haben zwar zu Entnahmen aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen geführt, nicht aber zur Aufgabe des verkleinerten Verpachtungsbetriebs. Dahinstehen kann im Streitfall, ob die Grundstücksübertragungen (Weinberge) vom 19.10.2001 -anders als die Übertragung der Flurstücke …3 und …2- an die GbR oder eine daneben bestehende personenidentische GbR erfolgt sind.

Schließlich hat auch der Erwerb des ruhenden Verpachtungsbetriebs von Todes wegen durch M in 2004 nicht zu einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 1 und 3 EStG geführt. Der Betrieb wurde vielmehr von M als Erbin gemäß § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten fortgeführt[20].

Mit der unentgeltlichen Übertragung der im Eigentum der M verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen einschließlich des Flurstücks …1 auf A, B und C als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgrund des Vertrags vom 04.11.2011 hat M ihren ruhenden Verpachtungsbetrieb gemäß § 6 Abs. 3 EStG im Ganzen auf die A, B, C GbR -die GbR- übertragen. Die landwirtschaftlichen Grundstücke einschließlich des Flurstücks …1 haben mit der Übertragung ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen damit nicht verloren. Hinsichtlich des Flurstücks …1 ist das Finanzgericht somit zu Unrecht von einer Entnahme ausgegangen.

Die unentgeltliche Übertragung des ruhenden Verpachtungsbetriebs auf die GbR mit Vertrag vom 04.11.2011 führte entgegen der Ansicht des Finanzamtes nicht dazu, dass die zuvor entnommenen und von A, B und C im Privatvermögen gehaltenen Flurstücke …3 und …2 (Sonder-)Betriebsvermögen der GbR wurden. Insbesondere war die Übertragung der Flurstücke …3 und …2 seinerzeit nicht auf A, B und C als Gesellschafter der GbR erfolgt. A, B und C bildeten mit ihren diesbezüglichen Anteilen vielmehr eine neben der GbR bestehende Eigentümergemeinschaft.

Mithin hätte es einer entsprechenden (unmissverständlichen) Einlage durch A, B und C in das (Sonder-)Betriebsvermögen der GbR bedurft. Dass dies erfolgt wäre, hat das Finanzgericht weder festgestellt noch ergeben sich hierzu Hinweise aus den Akten.

Soweit das Finanzamt der Ansicht ist, der übertragene land- und forstwirtschaftliche Restbetrieb sei um die vorab übertragenen Flächen (automatisch) erweitert worden, da seit der Übertragung des landwirtschaftlichen Restbetriebs eine Verpachtung sämtlicher Ackerflächen an einen Pächter erfolgt sei (Pächteridentität), vermag der Bundesfinanzhof dem nicht zu folgen. Das Finanzamt kann sich insoweit insbesondere nicht auf die BFH-Urteile vom 16.12.1988[21], vom 24.08.1989[22],  vom 26.03.1991[23] und in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521 stützen.

Das BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 671 betrifft lediglich den umgekehrten Fall, nämlich dass ein Wirtschaftsgut, das der Verpächter für seinen verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb neu anschafft und dem Pächter zur Nutzung im Rahmen des Pachtverhältnisses überlässt, zum notwendigen Betriebsvermögen des verpachteten Betriebs gehört[24]. Um den Fall des Hinzuerwerbs eines Grundstücks im Rahmen eines verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs geht es auch im BFH, Urteil in BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521. Insoweit geht es um das Wahlrecht einer Erbengemeinschaft, einen verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb fortzuführen.

Das BFH, Urteil in BFHE 155, 380, BStBl II 1989, 763 betrifft die Frage, ob der Eigentümer eines Betriebsgrundstücks im Falle dessen Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt das Nießbrauchsrecht mit dem Teilwert in sein Betriebsvermögen einlegen muss, wenn er das nießbrauchsbelastete Grundstück wie bisher betrieblich nutzt.

Im BFH, Urteil in BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014 geht es schließlich um Fragen in Zusammenhang mit einer Betriebsaufspaltung.

Mit dem Einwurf des nach den vorstehenden Ausführungen zum Betriebsvermögen der GbR gehörenden Flurstücks …1 sowie der zum Privatvermögen von A, B und C rechnenden Flurstücke …3 und …2 in das Umlegungsverfahren „UL …“ auch gegen Geldausgleich wurden diese Grundstücke anteilig veräußert. Die Veräußerung der seit Februar 2000 im Privatvermögen von A, B und C befindlichen Flurstücke war jedoch im Jahr 2012 nicht mehr gemäß §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar. Im Übrigen wäre ein etwaiger Gewinn aus der Veräußerung der dem Privatvermögen zuzuordnenden Grundstücke ohnehin nicht in den Gewinnfeststellungsbescheiden der GbR zu erfassen gewesen.

Das Umlegungsverfahren (§§ 45 ff. des Baugesetzbuchs -BauGB-) ist ein gesetzlich geregelter Grundstückstausch, der von dem Grundsatz der wertgleichen Abfindung und Erhaltung des Eigentums beherrscht wird. Im Rahmen der Verteilung kann es zwecks Ausgleichs von Wertunterschieden notwendig werden, dass die Eigentümer zu Geldleistungen verpflichtet werden. Ungeachtet eines solchen etwaigen Wertausgleichs sind der in das Umlegungsverfahren eingebrachte Grundbesitz und der daraus im Zuteilungswege erlangte Grundbesitz als wirtschaftlich identisch zu werten. Die zugeteilten Grundstücke sind „Surrogat“ der eingebrachten Grundstücke[25]. Dies hat die einkommensteuerrechtliche Folge, dass zum einen keine Gewinnrealisierung nach Tauschgrundsätzen eintritt und zum anderen sich die etwaige Betriebsvermögenseigenschaft des eingebrachten Grundbesitzes an den erlangten Grundstücken unverändert fortsetzt[26].

Neben der an den vorgenannten Tauschgrundsätzen orientierten Grundstücksverteilung eröffnet das Umlegungsverfahren aber auch die Möglichkeit, Grundstücke gegen Geldleistung ohne gleichwertige Einbringung von Grundstücken zu erhalten. Für eine solche überobligatorische Zuteilung oder eine den Sollanspruch unterschreitende Zuteilung sehen § 59 Abs. 2 und Abs. 4 BauGB einen Ausgleich in Geld vor. Durch derartige einvernehmliche Regelungen wird das dem Umlegungsverfahren innewohnende Tauschelement durch ein Element des Kaufs bzw. des Hinzuerwerbs erweitert, was zugleich zur Konsequenz hat, dass die wirtschaftliche Identität von eingebrachtem und zugeteiltem Grundstück in dem Umfang nicht besteht, in dem die Umlegungsbeteiligten bei der Verteilung der Umlegungsmasse den Sollanspruch übersteigende Mehrzuteilungen erhalten und durch den Geldausgleich nicht lediglich Umlegungsvorteile ausgeglichen werden[27].

Bei Heranziehung dieser Grundsätze liegt vorliegend nicht lediglich ein Grundstückstausch ohne Gewinnrealisierung vor, sondern eine teilweise Veräußerung der eingebrachten Flurstücke. Entsprechend ist die Grundstückszuteilung in ein Tausch- und ein Verkaufsgeschäft zu zerlegen.

Nach den für den Bundesfinanzhof bindenden Feststellungen des Finanzgerichts wurden die Flurstücke …3, …2 und …1 mit einem Sollanspruch in Höhe von insgesamt 637.400 € in das Umlegungsverfahren eingeworfen. Zugeteilt wurden A, B und C 13 Bauplätze mit einem Wert in Höhe von 488.062, 50 €. Für die Minderzuteilung erhielten diese im Wirtschaftsjahr 2012/2013 (am 15.10.2012) einen Geldausgleich in Höhe von 149.337,50 €. Entsprechend beträgt die Veräußerungsquote 23,43 %.

Da die in das Umlegungsverfahren eingebrachten Flurstücke …3, …2 und …1 nach den vorstehenden Ausführungen sowohl zum Privatvermögen von A, B und C (Flurstücke …3 und …2) als auch zum Betriebsvermögen (Flurstück …1) der GbR gehörten, ist für die weitere Behandlung sowohl des anteilig veräußerten Flurstücks …1 als auch der im Umlegungsverfahren erhaltenen Surrogationsgrundstücke das insoweit bestehende Flächen- bzw. Wertverhältnis von 45, 69 % (Flurstücke …3 und …2: 3 155 qm und 2 670 qm, 157.750 € und 133.500 €) zu 54,31 % (Flurstück …1: 6 923 qm, 346.150 €) relevant.

Der anteilige auf das zum Betriebsvermögen gehörende Flurstück …1 entfallende Veräußerungserlös beträgt demzufolge: Geldausgleich 149.337,50 € x 54,31 % = 81.105,19 €.

Hiervon abzuziehen ist der Buchwert nach § 55 EStG entsprechend der Veräußerungsquote in Höhe von 23,43 %, den das Finanzgericht -von seinem Standpunkt aus zu Recht- nicht festgestellt hat.

Die im Tauschwege erhaltenen Bauplätze sind jeweils anteilig zu 54,31 % als Surrogate des in das Umlegungsverfahren eingebrachten Flurstücks …1 an dessen Stelle im Betriebsvermögen der GbR zu erfassen.

Deren Zuordnung zu unterschiedlichen Vermögensbereichen steht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht entgegen. Grundsätzlich muss die Zuordnung eines unbebauten Grundstücks zum Betriebs- oder Privatvermögen, so es einheitlich genutzt wird, zwar auch einheitlich erfolgen. Insoweit entspricht es dem vom Großen Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Beschluss vom 26.11.1973[28] dargelegten sog. Einheitlichkeitsgrundsatz, dass ein fremdbetrieblich genutztes Grundstück nicht von vornherein teilweise dem Betriebs- und teilweise dem Privatvermögen zugeordnet werden kann. Dieser Einheitlichkeitsgrundsatz setzt indes nicht die Regelungen über Entnahmen und Einlagen[29] oder -wie hier- über die Surrogation von sowohl aus dem Betriebs- als auch aus dem Privatvermögen eingebrachten Tauschgrundstücken außer Kraft.

Die Veräußerung der Bauplätze …10 am 21.11.2012, …7 und …8 am 15.12.2012, …6 am 15.11.2013, …11 am 13.12.2013, …9 am 17.01.2014 und …5 am 10.04.2015 hat im Umfang ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen der GbR in Höhe von 54, 31 % zu weiteren Veräußerungsgewinnen geführt. Mangels Feststellung des Buchwerts nach § 55 EStG des ursprünglichen Flurstücks …1 kann der Bundesfinanzhof die insoweit in den Streitjahren erzielten Gewinne aber ebenfalls nicht selbst berechnen.

Im zweiten Rechtsgang wird das Finanzgericht zunächst den Buchwert des Flurstücks …1 und anschließend die anteiligen Veräußerungsgewinne aus dem Umlegungsverfahren sowie aus den Veräußerungen der Bauplätze unter Beachtung der vorstehenden Ausführungen zu ermitteln haben. Die Ermittlung erfolgt grundsätzlich im Wege der Schätzung nach § 4 Abs. 1 EStG, es sei denn, die GbR optiert durch Vorlage entsprechender Einnahmen-Überschussrechnungen noch zu einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG.

Über den von der GbR bereits im Klageverfahren hilfsweise gestellten Antrag, die Gewinne aus der Veräußerung von drei Grundstücken im Wirtschaftsjahr 2013/2014 mit einem Rücklagenbetrag von 199.000 € in eine Rücklage gemäß § 6c EStG einzustellen, ist hier nicht zu entscheiden.

Ein Hilfsantrag, über den das Finanzgericht nicht entscheiden musste, weil es dem Hauptantrag entsprochen hat, fällt durch das Rechtsmittel des Finanzamtes gegen seine Verurteilung zwar ebenfalls und automatisch in der Rechtsmittelinstanz an[30]. Mit der Aufhebung des angegriffenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht wird das gesamte Verfahren aber erneut beim Finanzgericht anhängig. Damit werden bei diesem neben dem Haupt- auch die Hilfsanträge wieder rechtshängig[31].

Für den zweiten Rechtsgang weist der Bundesfinanzhof in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das auf Gewinnübertragung gerichtete Wahlrecht nach § 6c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6b Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 EStG nicht befristet ist. § 6b Abs. 2a Satz 2 EStG ist, anders als das Finanzgericht ausgeführt hat, hier nicht einschlägig. Das Wahlrecht kann daher bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden. Dies kann sowohl im anhängigen Klageverfahren im Rahmen eines Hilfsantrags[32] als auch noch nach Ergehen eines Urteils in der Tatsacheninstanz bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgen[33]. Die für die Rücklage nach § 6c EStG oder § 6b EStG erforderliche Dokumentation kann dabei auch noch im zweiten Rechtsgang geschaffen oder dargelegt werden[34].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. April 2022 – VI R 22/20

  1. s. BFH, Urteil vom 23.09.2009 – IV R 70/06, BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270[]
  2. Fortentwicklung des Bundesfinanzhofs, Urteils in BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270[]
  3. FG Rheinland-Pfalz , Urteil vom 22.10.2019 – 3 K 2398/17[]
  4. s. BFH, Urteil vom 14.05.2009 – IV R 44/06, BFHE 225, 367, BStBl II 2009, 811[]
  5. grundlegend Urteil des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 13.11.1963 – GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124[]
  6. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteile vom 17.05.2018 – VI R 73/15, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, Rz 26; und vom 31.03.2021 – VI R 30/18, BFHE 273, 6, Rz 22, jeweils m.w.N.[]
  7. s. BFH, Urteil vom 28.11.1991 – IV R 58/91, BFHE 167, 19, BStBl II 1992, 521, unter 3.[]
  8. koordinierter Erlass der Finanzminister der Länder vom 28.12.1964, BStBl II 1965, 5; koordinierter Ländererlass vom 17.12.1965, BStBl II 1966, 34[]
  9. BFH, Urteil vom 08.03.2007 – IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640, unter II. 5., und BFH, Urteil vom 12.03.2020 – VI R 35/17, Rz 14 und 15, m.w.N.[]
  10. BFH, Urteile vom 15.10.1987 – IV R 91/85, BFHE 151, 392, BStBl II 1988, 257; und – IV R 66/86, BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260[]
  11. s. z.B. OFD Münster, Verfügung vom 07.01.1991 – S 2239 -70 – St 12-21, Der Betrieb 1991, 523[]
  12. s. BFH, Urteil in BFH/NV 2007, 1640, unter II. 1.c, und BFH, Urteil vom 12.03.2020 – VI R 35/17, Rz 16 ff.[]
  13. BFH, Urteil in BFHE 273, 6, Rz 25, m.w.N.[]
  14. BFH, Urteil vom 02.03.1995 – IV R 52/94, BFH/NV 1996, 110[]
  15. BFH, Urteil in BFHE 273, 6, Rz 26, m.w.N.[]
  16. BFH, Urteil vom 22.09.2004 – III R 9/03, BFHE 207, 549, BStBl II 2005, 160, unter II. 1.d[]
  17. BFH, Beschluss vom 02.06.2006 – IV B 3/05, BFH/NV 2006, 1652, m.w.N.[]
  18. s. BFH, Urteil vom 12.11.1992 – IV R 41/91, BFHE 170, 311, BStBl II 1993, 430, unter I. 1.b[]
  19. s.a. BFH, Urteil vom 15.04.2010 – IV R 58/07, BFH/NV 2010, 1785, unter II. 3.b[]
  20. vgl. BFH, Urteil vom 19.02.1998 – IV R 38/97, BFHE 186, 42, BStBl II 1998, 509[]
  21. BFH, Urteil vom 16.12.1988 – III R 113/85, BFHE 155, 380, BStBl II 1989, 763[]
  22. BFH, Urteil vom 24.08.1989 – IV R 135/86, BFHE 158, 245, BStBl II 1989, 1014[]
  23. BFH, Urteil vom 26.03.1991 – VIII R 104/87, BFH/NV 1991, 671[]
  24. s.a. BFH, Urteil vom 19.12.2019 – VI R 53/16, BFHE 267, 260, BStBl II 2021, 427, Rz 21[]
  25. BGH, Urteil vom 19.09.1974 – III ZR 12/73, BGHZ 63, 81[]
  26. BFH, Urteil vom 23.09.2009 – IV R 70/06, BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270, Rz 26, m.w.N.[]
  27. s. BFH, Urteil in BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270, Rz 28[]
  28. BFH, Beschluss vom 26.11.1973 – GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132[]
  29. s. BFH, Urteil in BFHE 226, 517, BStBl II 2010, 270, Rz 35[]
  30. BFH, Urteil vom 22.11.2018 – VI R 50/16, BFHE 263, 44, BStBl II 2019, 313, Rz 34; BFH, Urteile vom 07.06.2016 – VIII R 32/13, BFHE 253, 565, BStBl II 2016, 769, Rz 50; und vom 25.04.2012 – I R 2/11, Rz 17[]
  31. BFH, Urteil vom 13.10.2016 – IV R 21/13, BFHE 256, 156, BStBl II 2017, 475, Rz 68[]
  32. s. BFH, Beschluss vom 11.02.2005 – VIII B 32/03, BFH/NV 2005, 1261[]
  33. s. BFH, Urteil vom 30.08.2001 – IV R 30/99, BFHE 196, 507, BStBl II 2002, 49[]
  34. BFH, Urteil vom 30.01.2013 – III R 72/11, BFHE 240, 541, BStBl II 2013, 684[]