Ein Land- und Forstwirt, der einen -der Vorsteuerpauschalierung unterliegenden- landwirtschaftlichen Schweinezuchtbetrieb und daneben als Organträger einen -der Regelbesteuerung unterliegenden- gewerblichen Schweinemastbetrieb unterhält, muss die einzelnen bezogenen Eingangsleistungen und damit die entsprechenden Vorsteuerbeträge in die abziehbaren und die im Rahmen der Vorsteuerpauschalierung berücksichtigten aufteilen.

Für die dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung entsprechende Zuordnung kommt es nicht darauf an, in welchem Unternehmensteil die bezogenen Eingangsleistungen tatsächlich verwendet werden, sondern allein darauf, ob der Unternehmer mit den bezogenen Eingangsleistungen der Durchschnittssatzbesteuerung oder der Regelbesteuerung unterliegende Umsätze ausführt.
Vorliegend betreibt der Landwirt als Unternehmer mit der Schweinezucht einen landwirtschaftlichen, der Durchschnittssatzbesteuerung i.S. von § 24 Abs. 1 UStG unterliegenden Unternehmensteil und verfügt daneben zunächst mit dem (hier: von seinem Vater übernommenen Einzelunternehmen und anschließend mit der GmbH als Organgesellschaft) über weitere Unternehmensteile, die der Regelbesteuerung unterlagen. Insoweit liegen die Voraussetzungen der Organschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit dem Landwirt als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft vor.
Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird für “die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze” vorbehaltlich der Sätze 2 bis 4 die Steuer für die nicht näher bezeichneten -hier einschlägigen- “übrigen Umsätze” auf 9 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 UStG bleiben die Befreiungen nach § 4 UStG mit Ausnahme der Nrn. 1 bis 7 unberührt; § 9 UStG (Verzicht auf Steuerbefreiung) findet keine Anwendung. Die Vorsteuerbeträge werden, soweit sie den “übrigen Umsätzen” zuzurechnen sind, auf 9 % der Bemessungsgrundlage für diese Umsätze festgesetzt; ein weiterer Vorsteuerabzug entfällt (§ 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG).
Durch diese Regelungen gleichen sich mithin Steuer und Vorsteuer aus, so dass der Landwirt im Ergebnis für diese Umsätze keine Umsatzsteuer zu entrichten hat.
Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BFH ist § 24 UStG richtlinienkonform auszulegen.
§ 24 UStG “beruht” nach der Gesetzesbegründung auf Art. 25 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -Richtlinie 77/388/EWG- (seit dem 1.01.2007 Art. 295 ff. MwStSystRL). Der deutsche Gesetzgeber hat die unionsrechtlichen Vorgaben aber bislang lediglich dadurch “umgesetzt”, dass er die bei der Verabschiedung der Richtlinie 77/388/EWG bestehende nationale Regelung im Wesentlichen fortgeführt hat.
Nach Art. 25 der in den Streitjahren 2003 und 2004 anwendbaren Richtlinie 77/388/EWG finden die in dieser Bestimmung vorgesehenen Pauschalausgleichsprozentsätze lediglich auf den Preis der dort näher bezeichneten landwirtschaftlichen Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Dienstleistungen Anwendung; die gemeinsame Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger gemäß Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG gilt deshalb nur für die dort genannten Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Dienstleistungen. Andere Umsätze, “die der pauschale Landwirt im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs tätigt”, unterliegen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) der allgemeinen Regelung.
§ 24 UStG gilt zwar seinem Wortlaut nach für “die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze”. Dies ist aber in richtlinienkonformer Auslegung dahin zu verstehen, dass damit nur die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Dienstleistungen gemeint sind, auf die die Pauschalregelung des Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG Anwendung findet.
Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Wendet ein Unternehmer für seine im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze die Durchschnittssatzregelung für pauschalierende Landwirte nach § 24 UStG an, ist nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ein weiterer Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Diese Vorschriften beruhen auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG und auf Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG. Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige, soweit er Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG sieht vor, dass die Anwendung der gemeinsamen Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger jeden weiteren Vorsteuerabzug ausschließt.
Falls ein Unternehmer -wie im Streitfall- einen der Vorsteuerpauschalierung unterliegenden landwirtschaftlichen Betrieb i.S. von § 24 Abs. 1 UStG und einen weiteren der Regelbesteuerung unterliegenden Gewerbebetrieb unterhält, gelten für die Inanspruchnahme eines etwa begehrten -anteiligen- Vorsteuerabzugs nach der Rechtsprechung folgende Grundsätze:
Der Unternehmer muss die einzelnen Leistungsbezüge je einem der beiden Unternehmensteile zuordnen und damit die entsprechenden Vorsteuerbeträge in die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abziehbaren und die im Rahmen der Vorsteuerpauschalierung berücksichtigten aufteilen. Dabei sind Innenumsätze zwischen dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und dem gewerblichen Betrieb eines Unternehmens mangels Lieferung oder unentgeltlicher Wertabgabe nicht steuerbar.
Diese Entscheidung des Unternehmers muss im Rahmen der Ausschlussregelung des § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG dem Prinzip der wirtschaftlichen Zuordnung dahingehend entsprechen, dass die Eingangsleistungen den nach § 24 Abs. 1 UStG versteuerten Umsätzen oder den der Regelbesteuerung unterworfenen Umsätzen zugerechnet werden.
Ist bei Bezug der jeweiligen Eingangsleistung noch keine eindeutige Zuordnung möglich, ist die Aufteilung notfalls im Wege einer Schätzung vorzunehmen, wobei diese nach der wahrscheinlichen späteren Verwendung der erworbenen Güter zu erfolgen hat. Die Besonderheit, dass die bezogenen und die schließlich verwerteten Sachen ggf. nicht identisch sind, rechtfertigt kein anderes Aufteilungsprinzip.
Die hiernach erforderliche Zuordnungsentscheidung des Unternehmers findet regelmäßig ihren Ausdruck in der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs; denn damit gibt der Unternehmer zu erkennen, dass ein bestimmter Leistungsbezug -ganz oder teilweise- für den -der Regelbesteuerung unterliegenden- gewerblichen Unternehmensbereich stattgefunden hat.
Bei der Übertragung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt sich, dass dem Landwirt als Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 1 UStG der begehrte -anteilige- Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG zusteht.
Der Landwirt hat die mit Hilfe der im Tatbestand im Einzelnen aufgeführten Eingangsbezüge (Anschaffung von Zuchtsauen, Tierfutter usw.) produzierten und aufgezogenen Jungtiere in der GmbH weiter gemästet und anschließend steuerpflichtig veräußert. Er hat insoweit keine gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegenden Umsätze ausgeführt, was aber für den Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG erforderlich gewesen wäre.
Die vom Landwirt dementsprechend vorgenommene Aufteilung der Eingangsbezüge und Vorsteuerbeträge genügt grundsätzlich den genannten Vorgaben.
Denn für die dem Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung entsprechende Zuordnung kommt es entgegen der Ansicht des Finanzgericht nicht darauf an, in welchem Unternehmensteil die bezogenen Eingangsleistungen tatsächlich verwendet wurden, sondern allein darauf, ob der Unternehmer mit den bezogenen Eingangsleistungen der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG oder der Regelbesteuerung unterliegende Umsätze ausgeführt hat. Der Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG (Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) ist vielmehr umsatzbezogen und nicht betriebsbezogen auszulegen.
Dies ergibt sich entsprechend dem Vorbringen des Landwirts wohl bereits aus dem Gesetzeswortlaut von § 24 Abs. 1 UStG, wonach es um die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs “ausgeführten Umsätze” geht. Jedenfalls lässt sich dies aus der Regelung in Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG ableiten, die -wie dargelegt- im Rahmen der unionsrechtskonformen Auslegung des § 24 UStG zu berücksichtigen ist und nur die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen erfasst. § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG ist damit nicht “betriebsbezogen”, sondern “tätigkeitsbezogen” bzw. “umsatzbezogen” anzuwenden.
Diese Auffassung wird auch von der Rechtsprechung und Literatur geteilt.
Soweit der Bundesfinanzhof im Beschluss in BFH/NV 2008, 1548 ausgeführt hat, dass für den Vorsteuerabzug -unter Außerachtlassung der unionsrechtlichen Vorgaben- entscheidend sei, in welchem Betrieb die bezogenen Lieferungen verwendet werden, hält der Bundesfinanzhof daran aus vorstehenden Gründen nicht fest.
Vor diesem Hintergrund ist es entgegen der Auffassung des Finanzamt unerheblich, dass die angeschafften Zuchtsauen auch nach der Zeugung der später im Rahmen der GmbH veräußerten Jungtiere im landwirtschaftlichen Betriebsteil des Landwirts verblieben sind und dass das angeschaffte Futter zum Teil von den Tieren bereits im landwirtschaftlichen Betriebsteil gefressen wurde.
Dem anteilig begehrten Vorsteuerabzug des Landwirts steht auch nicht entgegen, dass die im Rahmen der Eingangsbezüge erworbenen Zuchtsauen, die Futtermittel etc. nicht identisch sind mit den später im Rahmen des gewerblichen Schweinemastbetriebs bzw. später der GmbH steuerpflichtig veräußerten Mastschweinen. Denn nach der Rechtsprechung des BFH zur Abgrenzung von Eingangsbezügen bei einem der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegenden landwirtschaftlichen und einem der Regelbesteuerung unterworfenen anderen Unternehmensteil ist es ohne Belang, dass -wie im Streitfall- keine Identität zwischen den bezogenen und den anschließend veräußerten “Sachen” besteht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass im Streitfall eine Organschaft zwischen dem Landwirt als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft besteht.
Zwar weist das Finanzamt insoweit zutreffend darauf hin, dass sich der Vorsteuerabzug nach der Verwendung der Leistung bei der Organgesellschaft bestimmt, wenn der Organträger eine Leistung bezieht, die er an eine Organgesellschaft weitergibt.
Hieraus lässt sich aber nicht im Umkehrschluss entnehmen, dass sich der Vorsteuerabzug des Organträgers nach abweichenden Grundsätzen bestimmen würde, nur weil keine Identität zwischen den Leistungsbezügen des Organträgers und den an die Organgesellschaft später weitergereichten “Leistungen” vorliegt. Denn dies hätte wegen der sich daraus ergebenden Ungleichbehandlung des Vorsteuerabzugs des Organträgers einer Organschaft im Verhältnis zu anderen Unternehmen mit jeweils einem landwirtschaftlichen und einem gewerblichen Unternehmensteil einen unzulässigen Verstoß gegen das im Unionsrecht geltende Neutralitätsprinzip zur Folge, wonach das gemeinsame Mehrwertsteuersystem die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis gewährleistet, sofern diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen.
Soweit das Finanzamt nunmehr vertritt, dass wegen der seines Erachtens gebotenen Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG auf alle Umsätze des Landwirts überhaupt kein Vorsteuerabzug aus der steuerpflichtigen Veräußerung der Tiere in Betracht komme, stehen diesem Vorbringen schon die tatsächlichen Feststellungen entgegen, wonach der im Rahmen der Organgesellschaft des Landwirts unterhaltene Schweinemastbetrieb als gewerbliche -und nicht als landwirtschaftliche- Tätigkeit zu qualifizieren ist, weil die Organgesellschaft mangels ausreichender eigener Futtergrundlage nicht sämtliche Merkmale eines landwirtschaftlichen Betriebs i.S. von § 24 Abs. 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 51 des Bewertungsgesetzes aufweist.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. November2013 – XI R 2/11