Eine Entschädigungszahlung nach behördlich angeordneter Rindertötung kann aufgrund tierschutzrechtlicher Verstöße des Landwirts ausgeschlossen sein.
Ein Landwirt, dem die Städteregion Aachen als Tierschutzbehörde im Jahr 2019 nach amtlicher Feststellung eines überwiegend positiven BHV1-Befunds (Rinderherpes) aufgegeben hatte, nahezu seinen gesamten Rinderbestand tierschutzgerecht töten zu lassen, bekommt keine Entschädigung für die getöteten Tiere. Das hat das Verwaltungsgericht Aachen nunmehr entschieden. Nach erfolgloser Anfechtung der Tötungsanordnung waren im Jahr 2020 insgesamt 453 Rinder geschlachtet worden. Seinen hierauf gestützten Entschädigungsantrag über insgesamt rund 173.000 Euro hatte die Landwirtschaftskammer NRW als Tierseuchenkasse wegen verschiedener tierschutzrechtlicher Verstöße abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Aachen hat diese Entscheidung nunmehr als rechtmäßig bestätigt:
Grundsätzlich begründet die behördlich angeordnete Rindertötung zwar einen Entschädigungsanspruch. Im Fall des Landwirts ist dieser Anspruch aber entfallen:
Denn das Tiergesundheitsgesetz sieht einen Ausschluss des Entschädigungsanspruchs wegen der Verletzung von tierseuchenrechtlichen Schutzanordnungen vor. Der Verstoß muss für das Auftreten der Seuche in dem die Entschädigung auslösenden Fall nicht ursächlich geworden sein. Es genügt vielmehr, dass die Pflichtverletzung – bezogen auf den konkreten Seuchenfall – geeignet war, eine Entstehung oder die Ausbreitung der Seuche zu fördern.
Dies habe die Landwirtschaftskammer für den landwirtschaftlichen Betrieb des hier klagenden Landwirts im Ergebnis zu Recht angenommen, entschied das Verwaltungsgericht:
Der Landwirt hat in mehrfacher Hinsicht schuldhaft gegen die in der Tierseuchenverfügung aus dem Jahr 2019 zusätzlich angeordneten Schutzmaßregeln, die eine Ausbreitung der Seuche verhindern sollten, sowie gegen ein ebenfalls verfügtes Belegungsverbot verstoßen. Insbesondere hat der Landwirt neben Verstößen gegen ein Aufstallgebot und ein Betretungsverbot durch das Verbringen eines Deckbullen in seinen Bestand gegen das angeordnete Verbringungsverbot verstoßen.
Zudem sind im Betrieb des Landwirts auch nach der Anordnung eines Belegungsverbots weiterhin Tiere besamt oder gedeckt worden.
Zu Lasten des Landwirts ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich nicht um einen vereinzelten, geringfügigen Verstoß gegen die Tierseuchenverfügung handelt, sondern er gleich mehrere tierseuchenrechtliche Schutzmaßregeln schuldhaft missachtet hat.
Die vorliegenden Verstöße waren bei einer Gesamtschau auch nicht nur mit einem geringen Gefahrenrisiko hinsichtlich der Ausbreitung des BHV1-Herpesvirus verbunden. Vielmehr sind Aufstallgebot sowie Verbringungs- und Betretungsverbote grundlegende Schutzmaßnahmen gegen eine Ausbreitung der Seuche. Der Verstoß gegen das Belegungsverbot ist ebenfalls als erheblich einzustufen.
Dem Landwirt steht daher auch nicht jedenfalls eine Teilentschädigung zu, weil weder eine lediglich geringe Schuld festzustellen ist noch das Vorliegen einer unbilligen Härte.
Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 7. Februar 2025 – 6 K 166/21