Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen – und die Höfeordnung Rheinland-Pfalz

Versorgungsleistungen können -unter bestimmten weiteren Voraussetzungen- auch dann abziehbar sein, wenn der Erblasser sie dem Vermögensübernehmer in einer letztwilligen Verfügung auferlegt hat. Sind in der letztwilligen Verfügung keine Versorgungsleistungen bezeichnet, wird dies im Anwendungsbereich des § 23 des Landesgesetzes über die Höfeordnung Rheinland-Pfalz -HO – RhPf-[1] auch mit ertragsteuerrechtlicher Wirkung durch den aus dieser Norm folgenden gesetzlichen Anspruch auf Versorgungsleistungen ersetzt.

Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen – und die Höfeordnung Rheinland-Pfalz

Eine die Höhe der Versorgungsleistungen konkretisierende nachträgliche vertragliche Vereinbarung zwischen den Erben oder sonstigen Begünstigten muss den Vorgaben des § 23 Abs. 3 HO – RhPf entsprechen, wenn die Leistungen als Sonderausgaben abziehbar sein sollen. Falls die Parteien Leistungen in einer Höhe vereinbaren wollen, die nicht aus § 23 HO – RhPf abgeleitet werden könnte, müssen sie dies bereits im Übergabevertrag oder in der letztwilligen Verfügung regeln, wenn sie die einkommensteuerrechtliche Anerkennung erreichen wollen.

Beruhen der Vermögensübergang und die Verpflichtung zur Erbringung von Versorgungsleistungen auf einer letztwilligen Verfügung, kommt es für die Anwendung der Übergangsregelung des § 52 Abs. 23g EStG nicht auf den Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung, sondern auf den des Erbfalls an.

So war im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der ab 2008 geltenden Fassung anzuwenden. Zwar stellt § 52 Abs. 23g EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung nur auf „vereinbarte Vermögensübertragungen“ ab. Eine solche Vereinbarung fehlt im Streitfall, weil der Vermögensübergang auf dem Erbfall beruht. In solchen Fällen kommt es für die Anwendung der -insoweit lückenhaften- gesetzlichen Übergangsregelung auf den Zeitpunkt des Erbfalls an[2], hier also auf das Jahr 2012.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende, lebenslange und wiederkehrende Versorgungsleistungen, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben, Sonderausgaben, wenn der Empfänger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist und die Versorgungsleistungen u.a. im Zusammenhang mit der Übertragung eines Betriebs stehen.

Dieser gesetzliche Tatbestand beruht auf der normleitenden Vorstellung, dass der Vermögensübergeber sich oder einem zu versorgenden Hinterbliebenen in Gestalt der Versorgungsleistungen -ähnlich wie bei einem Nießbrauchsvorbehalt- typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen. Sind die zugesagten Leistungen nicht als vorbehaltene Nettoerträge des übergebenen Vermögens darstellbar, handelt es sich um Unterhaltsleistungen, die gemäß § 12 Nr. 1 und 2 EStG grundsätzlich nicht abziehbar sind[3]. Dies gilt auch für die ab 2008 anzuwendende Gesetzesfassung[4].

Zur ertragsteuerrechtlichen Anerkennung dieser regelmäßig zwischen nahen Angehörigen abgeschlossenen Verträge setzt der Bundesfinanzhof -bezogen auf vertraglich vereinbarte Vermögensübergaben- im Hinblick auf den erforderlichen Rechtsbindungswillen voraus, dass der Mindestbestand an bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen, der die Qualifikation als Versorgungsvertrag erst ermöglicht (Umfang des übertragenen Vermögens, Höhe der Versorgungsleistungen sowie Art und Weise ihrer Zahlung), klar und eindeutig vereinbart wird. Die Vereinbarungen müssen zu Beginn des Rechtsverhältnisses oder bei Änderung des Verhältnisses für die Zukunft getroffen werden[5]. Dies bedeutet, dass die Versorgungsleistungen grundsätzlich im Übergabevertrag selbst vereinbart werden müssen. Auch diese Anforderungen gelten ebenso für die ab 2008 zugrunde zu legende Rechtslage.

Daneben hat der Bundesfinanzhof den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG (a.F. und n.F.) aber auch dann für eröffnet gehalten, wenn die Versorgungsleistungen nicht in einem Vertrag vereinbart, sondern dem Vermögensübernehmer in einer letztwilligen Verfügung, in der der Übergang des ertragbringenden Vermögens(teils) auf den Übernehmer angeordnet wird, auferlegt werden. In diesen Fällen erhält der überlebende Ehegatte oder ein erbberechtigter Abkömmling des Testators statt seines gesetzlichen Erbteils aus übergeordneten Gründen der Erhaltung des Familienvermögens lediglich Versorgungsleistungen aus dem an sich ihm zustehenden Vermögen. Weitere Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug ist in diesen Fällen, dass es sich bei den Zahlungen nicht um eine Verrentung des Erbteils handelt[6].

Im Ausgangspunkt zu Recht hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in der Vorinstanz[7] erkannt, dass diese Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt sind, weil der Erbin im Testament des Vaters (V) -auf dem der Übergang des landwirtschaftlichen Betriebs auf die Erbin beruht- keine Versorgungsleistungen auferlegt wurden. Vielmehr hat die Erbin die Leistungen erst aufgrund einer nach dem Erbfall zwischen ihr und ihrer Mutter (M) abgeschlossenen Vereinbarung gezahlt, die aber wiederum nicht die erforderliche Vermögensübergabe auf die Erbin enthielt. 

Zu Recht ist die Erbin -entgegen der vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz vertretenen Rechtsansicht- aber der Auffassung, dass die Regelungen des § 23 Abs. 2 bis 4 HO – RhPf dem Grunde nach einen Anspruch des überlebenden Ehegatten auf die Versorgungsleistungen enthält, der deren ausdrückliche vertragliche Vereinbarung oder letztwillige Anordnung ersetzen kann, und diese Norm zudem die grundlegende Regelung zur Höhe des Anspruchs enthält, die durch eine Vereinbarung der Parteien -in beschränktem Umfang- ausgefüllt werden kann. Die ertragsteuerrechtliche Anerkennung einer solchen Vereinbarung erfordert jedenfalls im Anwendungsbereich der HO – RhPf keinen Verzicht des überlebenden Ehegatten auf Pflichtteilsansprüche.

Die HO – RhPf dient nach ihrem § 1 der Sicherung der Erfolge der Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und der Verhinderung der Zersplitterung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe im Wege der Erbfolge oder der Veräußerung. Vor diesem Hintergrund gelten für in die Höferolle eingetragene land- und forstwirtschaftliche Betriebe („Höfe“ i.S. des § 2 HO – RhPf)) besondere erbrechtliche Regelungen. So fällt der Hof bei gesetzlicher Erbfolge nur einem einzigen Erben zu (§§ 14, 16, 17 HO – RhPf). Ein „geeigneter“ Hoferbe kann auch durch Verfügung von Todes wegen bestimmt werden (§ 15 Abs. 1 und 4 HO – RhPf). Die weiteren Erben haben gegen den Hoferben lediglich einen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrags, der sich aber nicht nach dem Verkehrswert des Hofes bemisst, sondern nach dem -niedrigeren- Ertragswert (§ 21 Abs. 1 und 2 HO – RhPf), und zudem herabgesetzt werden kann, wenn er die Erhaltung des Hofes gefährdet (§ 21 Abs. 5 HO – RhPf). Hält der Hoferbe allerdings eine Bindungsfrist von 15 Jahren nicht ein, hat er die Miterben so zu stellen, wie sie bei einer Anwendung der allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften gestanden hätten (§ 26 Abs. 1 HO – RhPf).

Soweit der Eigentümer (Erblasser) durch Verfügung von Todes wegen nichts anderes bestimmt (§ 22 HO – RhPf), hat der überlebende Ehegatte nach Übergang des Hofes auf den Hoferben kraft Gesetzes (§ 23 Abs. 2 Satz 1 HO – RhPf) Anspruch auf eine angemessene Versorgung („Wohnung, Unterhalt“) auf dem Hofe. Der Höhe nach ist dieser -im Gesetz ausdrücklich als „Altenteil“ bezeichnete- Versorgungsanspruch nach örtlichem Brauch so zu bemessen, dass er die soziale Unabhängigkeit des Altenteilers gewährleistet, die Leistungsfähigkeit des Hofes aber nicht überschritten wird (§ 23 Abs. 3 HO – RhPf). Hierüber entscheidet im Streitfall das Landwirtschaftsgericht (§ 23 Abs. 4 Satz 1 HO – RhPf).

Dem Grunde nach enthält § 23 Abs. 2 Satz 1 HO – RhPf damit einen Anspruch des überlebenden Ehegatten gegen den Hofübernehmer auf Erbringung von Versorgungsleistungen aus dem Hof und damit den „besonderen Verpflichtungsgrund“, der von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG vorausgesetzt wird. Der -im Falle des Abschlusses freiwilliger vertraglicher Vereinbarungen erforderliche- Rechtsbindungswille der Parteien wird hier dadurch ersetzt, dass bereits eine gesetzliche und damit von vornherein bindende und unausweichliche Verpflichtung zur Erbringung entsprechender Versorgungsleistungen existiert. Zwar hätte – V die Anwendung dieser gesetzlichen Verpflichtung in seinem Testament ausdrücklich ausschließen können (§ 22 HO – RhPf). Von dieser Möglichkeit hat er aber keinen Gebrauch gemacht, sodass § 23 HO – RhPf im Streitfall auf das Verhältnis zwischen der Erbin und M uneingeschränkt anzuwenden ist.

Auf das Fehlen des Rechtsbindungswillens wird daher im Anwendungsbereich des § 23 HO – RhPf regelmäßig nur dann geschlossen werden können, wenn die Parteien entweder ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachkommen oder von einer konkretisierenden Vereinbarung in wesentlicher Hinsicht abweichen.

Der Bundesfinanzhof kann dem Finanzamt auch nicht in dessen Beurteilung folgen, bei dem in § 23 HO – RhPf angeordneten gesetzlichen Anspruch handele es sich um einen Unterhaltsanspruch i.S. der zu § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG ergangenen Rechtsprechung. Zwar wird im Klammerzusatz des § 23 Abs. 2 Satz 1 HO – RhPf der Begriff „Unterhalt“ erwähnt; zugleich verwendet das Gesetz in diesem Zusammenhang aber mehrfach den Begriff „Altenteil“ bzw. „Altenteiler“. Bei der gebotenen spezifisch ertragsteuerrechtlichen Betrachtung unter dem Blickwinkel des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG handelt es sich um einen klassischen Altenteils- und Versorgungsanspruch, weil dem überlebenden Ehegatten kraft Gesetzes Erträge des auf den Nachfolger übergegangenen Hofes vorbehalten werden. Dies folgt nicht nur aus dem Zweck der Gesamtregelung, sondern auch aus der ausdrücklichen und begrenzenden Bezugnahme des § 23 Abs. 3 Satz 2 HO – RhPf auf die „Leistungsfähigkeit des Hofes“. Das damit vorrangige Rechtsinstitut der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen schließt eine einkommensteuerrechtliche Qualifizierung der Leistungen als unter § 12 Nr. 2 EStG fallende Unterhaltsleistungen aus.

Die Höhe der Altenteilsleistungen wird durch § 23 Abs. 3 HO – RhPf geregelt. Dort sind als Kriterien -neben der bereits in § 23 Abs. 2 HO – RhPf erwähnten „Angemessenheit“ der Versorgung- der örtliche Brauch, die Gewährleistung der sozialen Unabhängigkeit des Altenteilers und die Leistungsfähigkeit des Hofes genannt.

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz ist die Regelung des § 23 Abs. 3 HO – RhPf nicht zu unbestimmt, um sie auch der Besteuerung zugrunde legen zu können. Wäre die Regelung zu unbestimmt, wäre sie bereits verfassungswidrig[8]. Gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder anderer wertausfüllungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln bestehen aber keine Bedenken, wenn sich mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Norm gewinnen lässt[9].

Auch die Zivilgerichte (Landwirtschaftsgerichte) können und müssen die genannte gesetzliche Regelung konkretisieren, wie bereits aus § 23 Abs. 4 Satz 1 HO – RhPf folgt. Die Regelungen über gesetzliche Unterhaltsansprüche sind durch ähnliche unbestimmte Rechtsbegriffe gekennzeichnet (§ 1610 Abs. 1 BGB: Bestimmung des Maßes des zu gewährenden Unterhalts „nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt)“; § 1603 Abs. 1 BGB: „außerstande, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren“), ohne dass sie deshalb aber als zu unbestimmt angesehen würden. Zudem wird im Anwendungsbereich des § 323 ZPO auch prozessual nach vergleichbar unbestimmten Rechtsbegriffen (Bedarf des Berechtigten, Leistungsfähigkeit des Verpflichteten) entschieden, ob die Höhe künftig fällig werdender wiederkehrender Leistungen abzuändern ist.

Damit wird die Höhe der nach § 23 Abs. 2 und 3 HO – RhPf zu beanspruchenden Leistungen nicht etwa ins Belieben der Parteien gestellt. Vielmehr muss eine die Höhe der Altenteilsleistungen konkretisierende vertragliche Vereinbarung -wenn die Leistungen als Sonderausgaben abziehbar sein sollen- den Vorgaben des § 23 Abs. 3 HO – RhPf entsprechen. Falls die Parteien Leistungen in einer Höhe vereinbaren wollen, die nicht aus § 23 HO – RhPf abgeleitet werden könnte, müssen sie dies bereits im Übergabevertrag oder in der letztwilligen Verfügung regeln, wenn sie die einkommensteuerrechtliche Anerkennung erreichen wollen.

Es kann offenbleiben, ob sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu der bis 2007 geltenden Rechtslage der vom Finanzgericht herangezogene Rechtsgrundsatz des Inhalts ergibt, dass Versorgungsleistungen, die dem Übernehmer zugunsten des überlebenden Ehegatten des Übergebers auferlegt werden, nur dann als Sonderausgaben abziehbar seien, wenn der überlebende Ehegatte auf Pflichtteils- und Zugewinnausgleichsansprüche verzichte oder sie nicht geltend mache, und ob ein solcher Rechtsgrundsatz auf die ab 2008 geltende Rechtslage übertragbar wäre.

Jedenfalls würde es einen Wertungswiderspruch zu den -für das Rechtsinstitut des Altenteils typusprägenden- Regelungen der HO – RhPf darstellen, wenn in deren Anwendungsbereich für die Erlangung des Sonderausgabenabzugs ein Verzicht auf Pflichtteilsansprüche erforderlich wäre. Denn ein solcher Verzicht wird von der HO – RhPf gerade nicht gefordert. Vielmehr hat auch der überlebende Ehegatte gegen den Hoferben den erbteilsersetzenden Geldanspruch nach § 21 HO – RhPf, der seiner Art nach ein besonderer Pflichtteilsanspruch ist. Der in § 23 HO – RhPf geregelte Altenteilsanspruch wird in der amtlichen Überschrift dieser Norm ausdrücklich als „Weiterer Anspruch des überlebenden Ehegatten“ bezeichnet, tritt also zu dem pflichtteilsähnlichen Geldanspruch, der sich am Ertragswert des Hofes orientiert, hinzu. Würde das Einkommensteuerrecht vom überlebenden Ehegatten nun den Verzicht auf den Anspruch nach § 21 HO – RhPf fordern, würden gerade typische Altenteilssituationen nicht mehr in den Anwendungsbereich des Rechtsinstituts der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen fallen. Ein solches Ergebnis wäre nicht sachgerecht.

Im Übrigen hat vorhandenes Vermögen des überlebenden Ehegatten -ob es nun durch den Erbfall erlangt ist oder schon zuvor vorhanden war- insoweit Auswirkungen auf die Höhe der Altenteilsleistungen, als „die soziale Unabhängigkeit des Altenteilers“ (§ 23 Abs. 3 Satz 1 HO – RhPf) im Einzelfall bereits durch vorhandenes existenzsicherndes Vermögen ganz oder teilweise gewährleistet sein kann und der Anspruch auf Altenteilsleistungen dann gemindert sein oder ganz entfallen kann.

Zwar setzt § 14 Abs. 2 Satz 1 HöfeO BritZ für die Entstehung eines Altenteilsanspruchs des überlebenden Ehegatten dessen Verzicht auf ihm nach § 12 HöfeO BritZ zustehende Abfindungsansprüche voraus. Allein zu dieser Regelung äußert sich neben der -von den Beteiligten unterschiedlich interpretierten; und vom Finanzgericht herangezogenen- Kommentierung von König in Felsmann[10] auch die Kommentierung von Leingärtner/Schigulski[11]. Dies hat aber keine Auswirkungen auf die -für den Streitfall allein maßgebliche- Rechtslage nach der HO – RhPf.

Im Übrigen war im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass M den zunächst bis auf Weiteres gestundeten und mit ihrem Tod entfallenen Geldanspruch von 5.000 € tatsächlich nicht geltend gemacht hat.

Im Streitfall kann jedenfalls mit den vom Finanzgericht angeführten Gründen nicht ausgeschlossen werden, dass die nach dem Tod des – V getroffene Vereinbarung lediglich der für den jeweiligen Einzelfall erforderlichen Konkretisierung der bereits in § 23 Abs. 3 HO – RhPf enthaltenen gesetzlichen Regelung über die Höhe des Versorgungsanspruchs dienen sollte.

Das Finanzamt bringt vor, die Vereinbarung weise keinen Bezug zum übertragenen Vermögen auf. Auch sei nicht erkennbar, dass damit die gesetzliche Verpflichtung nach § 23 HO – RhPf konkretisiert worden wäre.

Dies ist unzutreffend. Der Bezug zu dem auf die Erbin übergegangenen Hof ist in § 1 des Vertrags deutlich hergestellt. Dort wird der Ertragswert des Hofes ermittelt. Die Hoferbfolge ist zudem in § 4 des Vertrags erwähnt. Der Charakter des § 2 des Vertrags als Konkretisierung des § 23 HO – RhPf folgt zum einen daraus, dass hier typische Altenteilsleistungen vereinbart worden sind (Wohnung, Barzahlung, Pflegeleistungen). Zum anderen ist der Begriff „Altenteilsverpflichtung“ ausdrücklich in § 1 des Vertrags erwähnt.

Dass zwischen dem Erbfall und der konkretisierenden Vereinbarung über die Höhe des Altenteilsanspruchs ein Zeitraum von fünf Monaten liegt, ist jedenfalls unter den besonderen Bedingungen des Streitfalls unschädlich. Im Rahmen der Auseinandersetzung bestanden erhebliche Unstimmigkeiten zwischen den Geschwistern, wie auch aus den im vorliegenden Verfahren eingereichten Stellungnahmen eines der Beigeladenen hervorgeht. Zudem war zur Ermittlung des Ertragswerts die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich, das vom Sachverständigen erst dreieinhalb Monate nach dem Erbfall vorgelegt wurde.

Dass die Versorgungsleistungen nicht rückwirkend auf den Erbfall, sondern ex nunc mit dem auf den Vertragsschluss folgenden Monat beginnen sollten, ist im Streitfall ebenfalls unschädlich. § 23 Abs. 3 HO – RhPf stellt entscheidend auch auf das Versorgungsbedürfnis des überlebenden Ehegatten ab. Bis zum Vertragsschluss konnte M zumindest ihre Wohnbedürfnisse aber im Wege der Nutzung des ihr seinerzeit noch gehörenden Grundstücks decken. Dass sie hinsichtlich der Barleistungen in den fünf Monaten zwischen dem Erbfall und der Vereinbarung bedürftig gewesen wäre, ist vom Finanzgericht jedenfalls nicht festgestellt worden. Anders als das Finanzamt meint, ist das Unterbleiben einer rückwirkenden Regelung hier daher kein Indiz dafür, dass die Parteien die Leistungen „nach Belieben“ festgelegt hätten. Im Übrigen hat das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung noch -gerade gegenteilig- die Auffassung vertreten, dass eine rückwirkende Vereinbarung nicht anzuerkennen gewesen wäre.

Unproblematisch für die Annahme von Versorgungsleistungen ist im Streitfall zudem die Begrenzung der Übernahme der Pflegekosten auf Beträge bis zur Höhe der Pflegestufe 1. Für Verträge, auf die § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung anzuwenden ist, ist dies bereits ausreichend, um eine in vollem Umfang abziehbare dauernde Last zu bejahen[12]. Wird nunmehr in Übergabeverträgen ab 2008 ein Pflegerisiko in einem Ausmaß übernommen, das nach der alten Rechtslage zur Einordnung der Leistungen als dauernde Last führte, genügt dies erst recht, um auch nach der neuen Rechtslage Versorgungsleistungen gemäß § 10 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 EStG anzunehmen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Juni 2021 – X R 4/20

  1. GVBl.1967, 138[]
  2. ebenso BMF, Schreiben vom 11.03.2010, BStBl I 2010, 227, Rz 83[]
  3. vgl. zum Ganzen in Bezug auf die bis 2007 geltende Rechtslage BFH, Urteil vom 15.09.2010 – X R 13/09, BFHE 231, 116, BStBl II 2011, 641, Rz 19, 20, 29[]
  4. ebenso BMF, Schreiben in BStBl I 2010, 227, Rz 83[]
  5. für die bis 2007 geltende Rechtslage: BFH, Urteil vom 03.03.2004 – X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl II 2004, 826, unter II. 5.a[]
  6. zum Ganzen: BFH, Urteile vom 27.02.1992 – X R 139/88, BFHE 167, 381, BStBl II 1992, 612, unter 4.b bb; vom 26.01.1994 – X R 54/92, BFHE 173, 360, BStBl II 1994, 633, unter 1.; vom 27.03.2001 – X R 106/98, BFH/NV 2001, 1242, unter II. 1.; in BFHE 212, 507, BStBl II 2006, 797, unter II. 3.b; in BFHE 245, 135, BStBl II 2014, 665, Rz 22; und vom 09.09.2020 – X R 3/18, BFH/NV 2021, 304, Rz 14[]
  7. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.07.2019 – 1 K 1053/17[]
  8. vgl. zum verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot: BVerfG, Urteil vom 24.07.2018 – 2 BvR 309/15, 2 BvR 502/16, BVerfGE 149, 293, Rz 77, m.w.N.[]
  9. BVerfG, Urteil in BVerfGE 149, 293, Rz 78, m.w.N.[]
  10. König in Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Rz A 719[]
  11. Leingärtner/Schigulski, Besteuerung der Landwirte, Kapitel 52 Rz 14[]
  12. vgl. dazu BFH, Urteil vom 16.06.2021 – X R 31/20, seit dem 16.12.2021 veröffentlicht unter www.bundesfinanzhof.de, Rz 32[]