Sind wiederkehrende Barleistungen in einem vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Vermögensübergabevertrag vereinbart worden, stellen sie dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind.

Eine Abänderbarkeit der Leistungen kann trotz eines teilweisen Ausschlusses der Übernahme des pflegebedingten Mehrbedarfs gegeben sein. Es reicht aus, wenn sich der Vermögensübernehmer entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der bis 2016 geltenden Pflegestufe 1 bzw. des ab 2017 geltenden Pflegegrades 2) oder in entsprechendem Umfang zur Übernahme der Kosten für die häusliche Pflege oder der Kosten für die externe Pflege verpflichtet hat.
Mit dieser Begründung bejahte der Bundesfinanzhof im hier entschiedenen Fall eine Abziehbarkeit der Barleistungen des Sohnes an seine Eltern als dauernde Last. Die Eltern haben ihrem Sohn einen landwirtschaftlichen Betrieb gegen Versorgungsleistungen übergeben. Abänderbare Versorgungsleistungen und damit dauernde Lasten sind auch dann noch gegeben, wenn die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs zwar eingeschränkt wird, für die Anwendung der vereinbarten Abänderungsklausel aber noch ein relevanter Anwendungsbereich in Gestalt eines der drei möglichen Durchführungswege der Pflege verbleibt. Im vorliegenden Streitfall hat das in der Vorinstanz tätige Finanzgericht Rheinland-Pfalz[1] den Übergabevertrag in revisionsrechtlich bedenkenfreier Weise dahingehend gewürdigt, dass diese Voraussetzung erfüllt ist:
Zu Recht hat das Finanzgericht den 2004 geschlossenen Vertrag als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gewürdigt.
Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20.12.2007 -EStG a.F.-[2]. Dauernde Lasten sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG a.F. in vollem Umfang abziehbar. Leibrenten können -nach näherer Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG a.F.- nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG aufgeführten Tabelle ergibt.
Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrenten), stellen diese weder Veräußerungsentgelt beim Übergeber noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben und den wiederkehrenden Bezügen zugeordnet[3]. Für die Zuordnung zu dem Typus der privaten Versorgungsrente kommt es nicht auf das Verhältnis des Kapitalwerts der zugesagten wiederkehrenden Leistungen zum Wert des übertragenen Vermögens an, sondern darauf, ob die Leistungen aus den Nettoerträgen des übertragenen Vermögens erbracht werden können[4]. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil erfüllt[5]. Da insoweit zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, sieht der Bundesfinanzhof von weiteren Ausführungen ab.
Aus den allgemeinen Grundsätzen, die für die Abgrenzung zwischen Leibrenten und dauernden Lasten gelten, hat der Bundesfinanzhof schon in seiner bisherigen Rechtsprechung Kriterien für die Beurteilung vertraglicher Einschränkungen der Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen pflegebedingten Mehraufwands entwickelt. Danach führt zwar ein vollständiger Ausschluss der Abänderbarkeit infolge eines pflegebedingten Mehrbedarfs zur Beurteilung der Versorgungsleistungen als bloße Leibrente; demgegenüber wird die Annahme einer dauernden Last nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs eingeschränkt wird. Es ist aber notwendig, dass die weiterhin bestehenden Leistungsverpflichtungen des Vermögensübernehmers in Bezug auf den pflegebedingten Mehraufwand ein solches Ausmaß haben, dass für die Anwendung der vereinbarten Abänderungsklausel noch ein relevanter Bereich verbleibt. Insoweit genügt es für eine Abänderbarkeit der Versorgungsleistungen und damit für die Annahme einer dauernden Last, wenn der Vermögensübernehmer dem pflegebedingten Mehrbedarf des Vermögensübergebers zumindest dadurch Rechnung trägt, dass er diesen bei dessen notwendig gewordener Pflege auf einem der drei möglichen Durchführungswege maßgeblich unterstützt und seine Leistungen dementsprechend anpasst.
Für die Einordnung von Versorgungsleistungen als Leibrente oder dauernde Lasten haben der Große Senat des Bundesfinanzhofs und im Anschluss daran der Bundesfinanzhof u.a. folgende Grundsätze aufgestellt:
Wiederkehrende Sach- und Geldleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, stellen dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind. Maßgeblich für die Änderbarkeit ist, ob der Vertrag eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt[6].
Für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO, weil dies so zu verstehen ist, dass der Vertrag nach Maßgabe des materiellen Rechts, auf das diese Vorschrift Bezug nimmt, abänderbar sein soll. Eine solche ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO führt jedoch nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, wenn die Vertragspartner deren Höhe nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen[7].
Der Bundesfinanzhof hat wiederkehrende Leistungen, die im Gegenzug für den Verzicht der Übergeberin auf ein Nießbrauchsrecht an einem Grundstück vereinbart worden waren, als nicht abänderbar -und damit lediglich als Leibrente- beurteilt, wenn trotz einer allgemeinen Bezugnahme auf § 323 ZPO eine Abänderung infolge eines Mehrbedarfs wegen dauernder Pflegebedürftigkeit oder Heimunterbringung ausgeschlossen war[8]. Zum selben Ergebnis ist der Bundesfinanzhof in einem Fall gekommen, in dem ein Grundstück mit aufstehendem Rohbau übertragen worden war und trotz allgemeiner Bezugnahme auf § 323 ZPO eine Abänderbarkeit der wiederkehrenden Leistungen wegen Kosten einer Heimunterbringung oder einer Pflegeperson ausgeschlossen war[9]. Im Beschluss vom 09.05.2007[10] hat der Bundesfinanzhof auf die vorstehend zitierten Entscheidungen nochmals Bezug genommen. Alle diese Fälle waren dadurch gekennzeichnet, dass es sich nicht um typische Altenteilsverträge, sondern jeweils um die schlichte Übertragung eines einzelnen Grundstücks handelte, so dass die Erbringung höchstpersönlicher Pflegeleistungen durch den Übernehmer ohne eine ausdrückliche Regelung im Vertrag nicht bereits aus dem Wesen des Vertrags abgeleitet werden konnte.
In einem Urteil vom 23.11.2016[11] hatte der Bundesfinanzhof erstmals einen klassischen Hofübergabevertrag zu beurteilen, in dem trotz Bezugnahme auf § 323 ZPO eine Änderung der Höhe der Leistungen infolge eines Mehrbedarfs wegen dauernder Pflegebedürftigkeit oder einer Heimaufnahme ausgeschlossen war. Auch hier ist der Bundesfinanzhof zur Einordnung als Leibrente gekommen, weil nicht ersichtlich war, in welchen Fällen die Anpassungsklausel angesichts der dort vereinbarten, mit Ausnahme der Übernahme des Pflegerisikos recht umfassenden Versorgung der Übergeber überhaupt noch zum Tragen hätte kommen können[12].
Demgegenüber hat der Bundesfinanzhof in einem weiteren Urteil vom selben Tag[13] aufgrund der in jenem Streitfall vom Vermögensübernehmer eingegangenen Verpflichtungen die Beurteilung des dortigen Finanzgericht für möglich gehalten, die Höhe der Rentenleistungen sei materiell-rechtlich nicht von Voraussetzungen abhängig, die nur einer Wertsicherungsklausel entsprächen. Zwar war im dortigen Hofübergabevertrag die Übernahme der Kosten eines Pflegeheims und einer geschulten Pflegeperson ausgeschlossen worden. Der Übernehmer hatte sich jedoch dazu verpflichtet, seinen Eltern sämtliche Mahlzeiten zuzubereiten, unentgeltlich für die Reinigung und Instandhaltung der Kleidung, Wäsche und Räume zu sorgen und sie bei Bedarf mit seinem Auto zu den erforderlichen Arztbesuchen unentgeltlich zu befördern. Vor allem hatte er sich persönlich dazu verpflichtet, seine Eltern in alten und kranken Tagen in seinem Haushalt bis zu 1, 5 Stunden täglich im Sinne einer häuslichen Pflege zu betreuen und zu verpflegen. Zudem war die Anpassung der Barleistung infolge Pflegebedürftigkeit der Eltern nicht ausgeschlossen; lediglich hinsichtlich des Mehrbedarfs der Übergeber infolge auswärtiger Unterbringung bei Aufnahme in ein Pflegeheim war ein Ausschluss vereinbart worden.
Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, bei der Abgrenzung zwischen Leibrenten und dauernden Lasten sei nicht nur auf die vereinbarten Barleistungen, sondern auf die gesamten vereinbarten Versorgungsleistungen abzustellen[14]. Darin kommt zum Ausdruck, dass der Ausschluss der Abänderbarkeit der Höhe der wiederkehrenden Barleistungen wegen eines bestimmten -hier pflegebedingten- Mehrbedarfs dadurch kompensiert werden kann, dass sich der Übernehmer zu anderen Versorgungsleistungen verpflichtet, durch die die Entstehung eines zusätzlichen Finanzbedarfs bei den Übergebern ganz oder teilweise vermieden wird. Dies kann beispielsweise bei einer Vereinbarung der Fall sein, bei der der Vermögensübernehmer oder sein Ehepartner die Betreuung und Pflege der den landwirtschaftlichen Betrieb übertragenden Eltern in bestimmtem Umfang übernimmt. Im Falle eines zugleich geregelten Ausschlusses der Änderbarkeit der Barleistung wegen Mehrbedarfs infolge (dauernder) Pflegebedürftigkeit wird so -im übernommenen Pflegeumfang- ein Ausgleich bewirkt.
Diese Rechtsprechung basiert auf den Grundgedanken, dass einerseits ein vollständiger Ausschluss jeglicher Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs trotz einer vertraglichen Bezugnahme auf § 323 ZPO zur Beurteilung als Leibrente führt. Andererseits wird die Annahme einer dauernden Last nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Abänderbarkeit der Leistungen in Fällen eines pflegebedingten Mehrbedarfs zwar eingeschränkt wird, wobei aber noch ein relevanter Anwendungsbereich für eine diesbezügliche Änderbarkeit der Leistungen verbleiben muss.
Eine uneingeschränkte Abänderbarkeit wegen jeder Form des pflegebedingten Mehrbedarfs wird für die Einordnung als dauernde Last hingegen nicht gefordert, was aus den nachstehenden Erwägungen folgt:
Das Erfordernis einer umfassenden Abänderbarkeit der Höhe der wiederkehrenden Barleistungen ist nicht aus der „Rechtsnatur“ der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen bzw. der „Herkunft“ dieses Instituts aus dem bürgerlich-rechtlichen Altenteils- bzw. Leibgedingsvertrag abzuleiten.
Entsprechend dem Versorgungscharakter eines solchen Vertrags müssen -zumindest teilweise- Versorgungsleistungen des Verpflichteten zugunsten des Berechtigten ausbedungen werden. Diese Versorgungsleistungen müssen dabei aber nicht notwendig den gesamten Bedarf des Berechtigten bezüglich Unterhalt und seiner Versorgung decken; mit dem Versorgungscharakter des Altenteils bzw. Leibgedings ist vereinbar, wenn der Berechtigte zusätzlich eigene Mittel (z.B. Renten, Versicherungsansprüche) zu seiner Versorgung aufwenden muss. Typisch ist insoweit aber die Vereinbarung von „Wohnung, Warte und Pflege“[15].
Hieraus ergibt sich, dass die Vertragsparteien bezüglich der Ausgestaltung und des Umfangs der Versorgungsleistungen frei sind. Muss nicht der gesamte Bedarf des Berechtigten bezüglich Unterhalts und seiner Versorgung gedeckt werden, so kann z.B. auch der das übergebene Vermögen voraussichtlich besonders belastende Fall der Kostenübernahme für die auswärtige Unterbringung der Berechtigten in einem Alten- oder Pflegeheim ausgeschlossen bzw. eine Vereinbarung getroffen werden, nach der die Höhe der wiederkehrenden Barleistung wegen dieses Mehrbedarfs nicht änderbar ist.
Für den in Rheinland-Pfalz zu verortenden Streitfall ergibt sich aus dem einschlägigen Landesgesetz zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (AGBGB RP) vom 18.11.1976[16] nichts Abweichendes. Den §§ 2 ff. AGBGB RP, die schuldrechtliche Vorschriften zu Altenteilsverträgen beinhalten, lässt sich nicht das „Leitbild“ einer umfassenden Unterhaltung/Versorgung des Berechtigten durch den Verpflichteten entnehmen.
Auch aus der Überlegung, dass die Vermögensübertragungen gegen Versorgungsleistungen steuerrechtlich ein Sonderrecht bilden und ihr Anwendungsbereich daher eher einschränkend zu bestimmen ist, ergibt sich kein (zwingender) Grund, die Versorgungsleistungen wegen des teilweisen Ausschlusses eines Mehrbedarfs -z.B. im Hinblick auf die Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim- von der Abziehbarkeit als dauernde Lasten auszunehmen.
Insbesondere gibt es für den Ausschluss eines solchen Mehrbedarfs einen besonderen sachlichen Grund, nämlich die Vermeidung einer übermäßigen Inanspruchnahme des Erwerbers. Zwar ist für die Höhe der nach § 323 ZPO angepassten Versorgungsleistungen auch die Leistungsfähigkeit des Vermögensübernehmers entscheidend, so dass er Zahlungen zur Erfüllung der (angepassten) Versorgungsleistungen nicht leisten muss, wenn er diese nicht aus den Erträgen des übernommenen Vermögens erbringen kann, sondern dessen Substanz entnehmen müsste[17]. Allerdings besteht nach Ansicht des Bundesfinanzhofs bereits im Vorfeld der Unzumutbarkeit ein anzus Bedürfnis des Erwerbers, dass seine Einkünfte nicht in einem höchstmöglichen Maß durch Pflegekosten beansprucht werden und ihm selbst noch ein finanzieller Spielraum verbleibt. Ebenso erscheint es nicht unangemessen, das Risiko der Entstehung solcher Pflegekosten nicht allein dem Erwerber aufzubürden, sondern auch auf andere unterhaltsverpflichtete Kinder der Übergeber zu verteilen.
Für die Ansicht des Bundesfinanzhofs, dass eine Änderbarkeit der Leistungen auch dann bejaht werden kann, wenn die Abdeckung eines pflegebedingten Mehrbedarfs des Übergebers durch den Übernehmer nur für eine Heimunterbringung ausgeschlossen wird, spricht eine historische Betrachtung: Die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist am zivilrechtlichen Typus der Hofübergabe orientiert, der hinsichtlich der Pflegeleistungen traditionell aber dadurch geprägt ist, dass die Altenteiler bei den Hofübernehmern wohnten und dort versorgt wurden. Besondere Kosten entstanden dadurch in der Regel nicht; die Altenteiler wurden im Haushalt mitversorgt. Die Möglichkeit einer Inanspruchnahme kostenpflichtiger professioneller Pflegeleistungen durch externe Anbieter gab es im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, dessen Verhältnisse für die Ausbildung des Hofübergabevertrags prägend waren, noch so gut wie nicht. Die hohen Kosten derartiger Pflegedienste und Heimunterbringungen sind -historisch gesehen- ein neues Phänomen. Der Bundesfinanzhof ist der Ansicht, dass diese -noch nicht allzu lange zu verzeichnenden- Änderungen im Pflegeverhalten und in der gestiegenen Lebenserwartung pflegebedürftiger Personen nicht bereits typusprägend geworden sind und die historische Ausgestaltung des Typus nicht abgelöst haben. Daher steht eine vertragliche Eingrenzung der Übernahme des Pflegerisikos auf dasjenige, was Anfang des 20. Jahrhunderts für den Übernehmer maximal zu erwarten war, der Annahme änderbarer Leistungen nicht entgegen.
Vor diesem Hintergrund genügt es für die Annahme einer dauernden Last, wenn der in Rede stehende Mehrbedarf wegen (dauernder) Pflegebedürftigkeit im Versorgungsvertrag wenigstens über einen der drei möglichen Durchführungswege der Pflege abgedeckt wird. Insoweit ist es ausreichend, wenn sich der Vermögensübernehmer entweder zur persönlichen Pflege (mindestens im Umfang der alten Pflegestufe 1 bzw. des neuen Pflegegrades 2) oder zur Übernahme von zusätzlichen Kosten für die häusliche Pflege in entsprechendem Mindestumfang oder -so der dritte Durchführungsweg- zur Übernahme der im Rahmen einer externen Pflege der Übergeber entstehenden Kosten in vergleichbarer Höhe verpflichtet hat. Lediglich der vollständige Ausschluss einer Anpassung der (persönlichen oder finanziellen) Versorgungsleistungen im Fall des Eintritts (dauernder) Pflegebedürftigkeit lässt die Abänderbarkeit der Leistungen entfallen und steht daher einer Einordnung der Barleistungen als dauernde Last entgegen.
Nach diesen Rechtsgrundsätzen erweist sich die vorinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz für den Bundesfinanzhof als revisionsrechtlich bedenkenfrei:
Das Finanzgericht hat zutreffend auf den Versorgungsvertrag i.d.F. der Änderungsvereinbarung vom 18.11.2011, die mit Wirkung für die Zukunft[18] und daher für die Streitjahre 2012 bis 2014 galt, abgestellt. Die von ihm vorgenommene Auslegung dieses Vertrags ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Auslegung von Verträgen gehört zu den tatsächlichen Feststellungen i.S. des § 118 Abs. 2 FGO, die das Revisionsgericht nur darauf überprüfen kann, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB), die Denkgesetze und mögliche Erfahrungssätze zutreffend angewendet worden sind. Ist demgemäß die Würdigung durch das Tatsachengericht zwar nicht zwingend, aber doch möglich, so ist sie revisionsrechtlich bindend[19].
Nach den §§ 133, 157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände verstehen musste (Empfängerhorizont)[20].
Die Vorinstanz hat den Vertrag dahingehend ausgelegt, dass mit der Bezugnahme auf § 323 ZPO eine Abänderbarkeit der wiederkehrenden Barleistungen vereinbart worden sei und die übrigen Regelungen die Anpassungsmöglichkeit nicht in einer Weise einschränkten, die einer bloßen Wertsicherungsklausel entspreche. Zwar sei die Übernahme der Kosten wegen des Mehrbedarfs der Eltern infolge einer (auswärtigen) Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim sowie eine persönliche Pflege durch den Sohn selbst ausgeschlossen worden. Vertraglich habe aber die Möglichkeit zur Anpassung der Leistungen wegen eines Mehrbedarfs der Eltern wegen dauernder Pflegebedürftigkeit bei Unterbringung in der eigenen Wohnung, bei den Sohnn oder sonstigen Familienmitgliedern bestanden.
Diese Auslegung des Finanzgericht ist möglich und daher für den Bundesfinanzhof gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend. Es ist nicht ersichtlich, dass das Finanzgericht gegen die gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB), die Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hätte. Vielmehr hat es sich im Hinblick auf die Frage der Abänderbarkeit umfassend mit den einzelnen Regelungen des Versorgungsvertrags und ihrer Bedeutung auseinandergesetzt.
Insbesondere hat es die Formulierung in Ziff. IV.5 des Vertrags, dass eine Warte und Pflege durch den Sohn für seine Eltern nicht vereinbart werden solle, in vertretbarer Weise dahingehend ausgelegt, dass sich diese Abrede (allenfalls) auf persönlich durch den Sohn zu erbringende (Pflege-)Leistungen beziehe. Zum einen werde -so das Finanzgericht- auf eine Warte und Pflege „durch den Erwerber“ und nicht etwa auf hierdurch entstehende Kosten oder durch von dem Sohn beauftragte Leistungen Dritter abgestellt. Zum anderen beziehe sich die Regelung ausschließlich auf unmittelbar gegen den Sohn gerichtete Ansprüche. Ergänzend hat das Finanzgericht sein Auslegungsergebnis in schlüssiger Weise u.a. mit der Systematik des Vertrags und der eigenständigen Stellung der Regelung im Verhältnis zu der allein die Änderbarkeit der wiederkehrenden Barleistungen regelnden Bestimmung begründet. Im Übrigen ist weder vom Finanzamt dargelegt noch für den Bundesfinanzhof erkennbar, welche für die Auslegung bedeutsamen (Begleit-)Umstände das Finanzgericht noch hätte aufklären können.
Soweit das Finanzamt den Verzicht auf eine Vereinbarung von Warte und Pflege abweichend, nämlich als umfassenden Ausschluss in persönlicher und finanzieller Hinsicht verstehen will, ist jedenfalls nicht festzustellen, dass die Vertragsauslegung durch das Finanzgericht dem klaren Wortlaut der Vereinbarung oder sonst dem erkennbaren Sinngehalt des Vertrags widerspräche.
Da das Finanzgericht offengelassen hat („ungeachtet der Frage“), ob die in Rede stehende Vertragsbestimmung nicht bereits dahingehend zu verstehen sei, dass in der Urkunde vom 29.04.2004 von vornherein keine Vereinbarung über Pflegeleistungen -und damit auch nicht über deren Ausschluss- habe getroffen werden sollen[21], läge -selbst wenn die Schlussfolgerung von der Nichtvereinbarung auf einen Nichtausschluss einen Denkfehler beinhalten sollte- kein für die Auslegung des Versorgungsvertrags relevanter Fehler vor.
Nach Maßgabe der oben dargelegten Rechtsgrundsätze, wonach für die Annahme abänderbarer Leistungen ausreichend ist, wenn sich der Verpflichtete in Bezug auf einen pflegebedingten Mehrbedarf zur Übernahme der Kosten für die häusliche Pflege der Vermögensübergeber verpflichtet hat, hat das Finanzgericht im Streitfall die wiederkehrenden Barleistungen des Sohnes zu Recht als dauernde Last angesehen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Juni 2021 – X R 31/20
- FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.07.2020 – 3 K 1959/18[↩]
- BGBl I 2007, 3150); die Neufassung ist nur auf Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf nach dem 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen; vgl. § 52 Abs. 18 Satz 2 EStG n.F.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 27.08.1997 – X R 54/94, BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813, unter II. 1.b[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 12.05.2003 – GrS 1/00, BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95[↩]
- vgl. FG, Urteil in EFG 2020, 1754, Rz 40 f.[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 15.07.1991 – GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C.II. 3.[↩]
- BFH, Urteile vom 15.03.1994 – X R 93/90, BFH/NV 1994, 848, unter 3.b, und in BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813, unter II. 1.b aa[↩]
- BFH, Urteil in BFH/NV 1994, 848, unter 3.b[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813, unter II. 5.a[↩]
- BFH, Beschluss vom 09.05.2007 – X B 162/06, BFH/NV 2007, 1501, unter 1.c[↩]
- BFH, Urteil vom 23.11.2016 – X R 8/14, BFHE 256, 415, BStBl II 2017, 512, Rz 40 ff.[↩]
- ebenso BFH, Urteil vom 03.05.2017 – X R 9/14, BFH/NV 2017, 1164, Rz 36[↩]
- BFH, Urteil vom 23.11.2016 – X R 16/14, BFHE 256, 428, BStBl II 2017, 517, Rz 41 f.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 256, 428, BStBl II 2017, 517, Rz 41[↩]
- vgl. Staudinger/Albrecht, EGBGB Art. 96, Rz 9[↩]
- Gesetz- und Verordnungsblatt 1976, 259[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFHE 256, 415, BStBl II 2017, 512, Rz 43[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 03.03.2004 – X R 135/98, BFHE 205, 447, BStBl II 2004, 824, unter II. 2.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 23.01.2003 – IV R 75/00, BFHE 201, 278, BStBl II 2003, 467, unter 1.a cc[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 08.11.2018 – IV R 38/16, BFH/NV 2019, 551, Rz 48[↩]
- vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil in EFG 2020, 1754, Rz 37[↩]