Verfütterungsverbote bei Rindvieh

Das im Rahmen der Bekämpfung der BSE-Seuche eingeführte Verbot der Verfütterung von Futtermitteln mit tierischen Fetten an wiederkäuende Nutztiere in § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB verstößt nicht gegen Europarecht.

Verfütterungsverbote bei Rindvieh

Die Verfütterung von Mischfuttermitteln mit Wiederkäuerfetten oder anderen tierischen Fetten an Kälber verstößt gegen § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB. Hiernach ist das Verfüttern von Fetten aus Gewebe warmblütiger Landtiere und von Fischen sowie von Mischfuttermitteln, die diese Einzelfuttermittel enthalten, an wiederkäuende Nutztiere verboten. Das Fettverfütterungsverbot in § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB verstößt nicht gegen Europäisches Recht verstößt. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist dabei nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich. Das Verbot verletzt auch kein nationales Verfassungsrecht.

Nach Art. 7 Abs. 1 der hier einschlägigen Verordnung Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.05.2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien, ist die Verfütterung von tierischen Proteinen an Wiederkäuer verboten. Art. 7 Abs. 2 i.V.m. Anhang IV, Abschnitt 1 Buchst. b)) erstreckt das Verbot auf die Verfütterung von Futtermitteln, die tierische Proteine enthalten. Ein Verbot der Verfütterung tierischer Fette an Wiederkäuer sieht die Verordnung hingegen nicht vor. Dies hindert den deutschen Gesetzgeber aber nicht, ein solches Verbot auf nationaler Ebene anzuordnen. Das gilt selbst dann, wenn die Verordnung Nr. 999/2001 im Bereich der Verfütterungsverbote eine vollständige Harmonisierung bewirkt hat, was weitergehenden Verfütterungsverboten der Mitgliedstaaten entgegenstehen würde. Im Falle einer solchen Harmonisierung wäre das Fettverfütterungsverbot in § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB unionsrechtlich aus Gründen des Gesundheitsschutzes von Menschen und Tieren gerechtfertigt; denn es wäre eine zulässige Schutzmaßnahme nach Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 999/2001 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Unterabsatz 4 der Richtlinie 90/425/EWG des Rates vom 26.06.1990 zur Regelung der veterinärrechtlichen und tierzüchterischen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt. Sind die unionsrechtlichen Verfütterungsvorschriften demgegenüber nicht abschließend, erweist sich die Verbotsregelung in § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB als ein nach Art. 36 AEUV gerechtfertigter Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit.

Offenbleiben kann dabei für das Bundesverwaltungsgericht, ob die Verordnung Nr. 999/2001 für den Bereich der Verfütterungsverbote eine vollständige Harmonisierung bewirkt hat, also die in Art. 7 bezeichneten Maßnahmen mit der Folge als abschließend anzusehen sind, dass die Mitgliedstaaten weitergehende Verbote, wie das in Rede stehende, nur erlassen könnten, wenn eine Norm des Unionsrechts sie dazu ermächtigt.

Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lassen sich dazu keine eindeutigen Aussagen entnehmen. Soweit es in Entscheidungen heißt, das Unionsrecht habe eine Harmonisierung der Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (TSE) bewirkt, handelt es sich um nicht entscheidungstragende Begründungselemente, die weder die Verfütterungsverbote nach Art. 7 VO betreffen noch überhaupt zum Umfang der dieser Vorschrift beizumessenden Harmonisierungswirkung Stellung beziehen.

Die Äußerungen der Europäischen Kommission zur Vollharmonisierung sind widersprüchlich. Dass es sich aus ihrer Sicht um eine abschließende unionsrechtliche Regelung handelt, ist den Begründungen zu Vorschlägen für die Abfassung der Verordnungen Nr. 1326/2001 und Nr. 999/2001 zu entnehmen. Ähnlich spricht die Kommission in ihrer Mitteilung „Fahrplan zur TSEBekämpfung“ vom 15.07.2005 von „umfassenden gemeinschaftlichen Maßnahmen“. Auf das Gegenteil deuten die Antworten der Kommission vom 12.11.2001, 3.07.2002 und 18.11.2002 auf Parlamentarische Anfragen hin. Wenn danach im Zeitpunkt des Verordnungserlasses wissenschaftliche Unsicherheiten über das TSE/BSERisiko der Verwendung von tierischem Fett in Futtermitteln für Wiederkäuer und über die Erforderlichkeit eines Fettverfütterungsverbotes bestanden, spricht dies gegen den Willen des Verordnungsgebers zu einer abschließenden Regelung. In diesem Sinne lässt sich auch die Erwägung der Kommission in ihrer Mitteilung vom 15.07.2005 verstehen, dass es derzeit keine spezifischen Beschränkungen für die Verwendung von Talg in Futtermitteln gebe und es vom Ergebnis der quantitativen Risikobewertung abhänge, ob künftig Vorschriften für Talg erforderlich seien.

Ebenso wenig Klarheit ergibt die Auslegung der Vorschrift. Die Verordnung befasst sich ausdrücklich nur mit der Verfütterung tierischer Proteine. Den Schluss darauf, ob den Mitgliedstaaten durch die Nichtregelung der Fettverfütterung zugleich – im Sinne einer offenen Teilregelung – die Möglichkeit belassen werden sollte, weitergehende Verbote zu erlassen, erlaubt weder der Umstand, dass das partielle Fettverfütterungsverbot der ursprünglichen Verordnungsfassung (Anhang IV Nr. 1 Buchst. c) aufgehoben worden ist, noch führen insofern die Regelungsziele der Verordnung weiter. Das gegen eine Vollharmonisierung sprechende Ziel eines hohen Gesundheitsschutzniveaus wird dadurch relativiert, dass die Verordnung gleichermaßen das Funktionieren des Binnenmarktes im Blick hat. Verfütterungsverbote stellen insofern Hemmnisse dar und sollen in einem angemessenen Verhältnis zu den Risiken stehen. Unter diesem Aspekt spricht viel dafür, dass der Verordnungsgeber das Verfütterungsverbot für tierische Proteine als ausreichende Schutzmaßnahme betrachtet und weitergehende Verfütterungsverbote als unverhältnismäßig bewertet hat. Denn die auf Unionsebene zuständigen wissenschaftlichen Gremien haben für die Fettverfütterung keine Risikobewertung abgegeben, die ein Verbot rechtfertigen würde.

Unergiebig ist schließlich der Blick auf sachverwandte unionsrechtliche Regelungen. Diese lassen die Vorschriften zur Tilgung und Überwachung von TSE/BSE ausdrücklich unberührt oder berühren nicht Geltung und Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 999/2001.

Sollten die Verfütterungsverbote abschließend harmonisiert sein, so ist das Verbot in § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB als zulässige nationale Schutzmaßnahme auf der Grundlage des Art. 10 Abs. 1 UA 4 der Richtlinie 90/425/EWG (im Folgenden: RL) anzusehen. Diese Bestimmung findet Anwendung. Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 999/2001 nimmt ausdrücklich auf Art. 10 RL Bezug und erklärt die Norm insgesamt für anwendbar. Eine Einschränkung dahingehend, dass allein die Rechtsetzungsorgane der Europäischen Union und nicht auch die Mitgliedstaaten zum Erlass von Schutzmaßnahmen ermächtigt würden, sieht Art. 4 Abs. 1 VO nicht vor. Bereits vor Erlass der Verordnung Nr. 999/2001 waren die Mitgliedstaaten befugt, unter den in Art. 10 Abs. 1 UA 4 RL näher bestimmten Voraussetzungen Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung von TSE/BSE-Risiken anzuordnen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Verordnungsgeber von der bisherigen Regelungsstruktur abweichen wollte. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus Art. 4 Abs. 2 VO. Die Vorschrift bestimmt das Verfahren, nach dem Schutzmaßnahmen zu erlassen sind, die – entsprechend dem in Art. 10 Abs. 4 RL vorgesehenen Regelfall – von der Kommission ergriffen werden. Insoweit bedurfte es einer über die bloße Verweisung in Art. 4 Abs. 1 VO hinausgehenden Regelung, weil Art. 10 Abs. 4 i.V.m. Art. 17 RL seinerzeit eine abweichende Verfahrensbestimmung traf. Daraus lässt sich indes nicht entnehmen, dass die Mitgliedstaaten abweichend von Art. 10 Abs. 1 UA 4 RL nicht mehr zum Erlass von vorsorglichen Schutzmaßnahmen befugt sein sollen.

Nach Art. 10 Abs. 1 UA 4 RL kann ein Mitgliedstaat bei Vorliegen schwerwiegender Gründe betreffend den Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier vorsorgliche Schutzmaßnahmen ergreifen, um Gefahren abzuwehren, die von Zoonosen oder sonstigen Erkrankungen ausgehen. Die Befugnis besteht, solange die gemäß Art. 10 Abs. 4 RL zu ergreifenden Maßnahmen ausstehen, das heißt die Europäische Kommission den Sachverhalt noch nicht abschließend geprüft und die notwendigen Maßnahmen erlassen hat. Art. 4 Abs. 1 VO i.V.m. Art. 10 Abs. 1 UA 4 RL ermächtigt einen Mitgliedstaat unter den genannten Voraussetzungen zu strengeren Abwehrmaßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung von TSE/BSE, als es die unionsrechtlichen Vorschriften vorsehen. Es bedarf einer erheblichen Gesundheitsgefahr, die den Erlass einer nationalen Schutzmaßnahme dringlich macht und einer Situation abhilft, in der die Organe der Union noch nicht tätig geworden sind. Schließlich muss die einzelstaatliche Maßnahme verhältnismäßig sein. Gemessen daran erweist sich das Fettverfütterungsverbot in § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB auf der Grundlage der für das Revisionsverfahren bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) als unionsrechtlich zulässige Schutzmaßnahme.

Der Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 UA 4 RL erstreckt sich auch auf den Erlass von Verfütterungsverboten, die – wie im Fall der Klägerin – die Einfuhr entsprechender Futtermittel beeinträchtigen können. Die erforderliche Gesundheitsgefahr liegt vor. Die Bedingung eines schwerwiegenden Gesundheitsrisikos im Sinne von Art. 10 RL kann auch erfüllt sein, wenn neue wissenschaftliche Hinweise die Wahrnehmung der Gefahr, die eine Krankheit darstellt, erheblich ändern. Solche Erkenntnisse können auch auf nationale wissenschaftliche Institutionen zurückgehen. Nach den im angefochtenen Berufungsurteil getroffenen Tatsachenfeststellungen, die die Klägerin nicht mit durchgreifenden Revisionsrügen angegriffen hat, begründet die Verfütterung von tierischen Fetten an Wiederkäuer die Wahrscheinlichkeit eines tatsächlichen Schadens für die Tier- und die menschliche Gesundheit, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass es durch die Fettverwendung bei der Herstellung und Verarbeitung von Mischfuttermitteln zu deren Kontamination mit TSE-Erregern komme und eine Analyse der Einzelbestandteile dieser Futtermittel nicht möglich sei. Diese Annahme des Berufungsgerichts, die sich auf die Auswertung gemeinsamer Stellungnahmen des Bundesinstituts für Risikobewertung und des FriedrichLoefflerInstituts stützt, die sich ihrerseits mit der wissenschaftlichen Position der EFSA auseinandersetzen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Bei den vom Berufungsgericht herangezogenen wissenschaftlichen Gutachten handelt es sich um neue Hinweise, die die Wahrnehmung der Gefahr, die von der Verfütterung tierischer Fette ausgeht, in rechtserheblicher Weise verändert haben und die Anordnung des Fettverfütterungsverbots rechtfertigen. Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Risikobewertung des BfR und FLI wird den unionsrechtlichen Anforderungen gerecht; sie beruht, wie die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil erkennen lassen, nicht auf rein hypothetischen Erwägungen. Das nationale Einschreiten durch Erlass des Fettverfütterungsverbotes erweist sich daher angesichts des Ausmaßes der von BSE ausgehenden Gefährdung von Mensch und Tier sowie unter Berücksichtigung des der Verordnung Nr. 999/2001 zugrunde liegenden Vorsorgeprinzips als dringlich, weil eine – gegebenenfalls vorläufige – Unionsregelung, die der vom Berufungsgericht festgestellten Gesundheitsgefahr Rechnung tragen würde, nicht besteht. Die Europäische Kommission ist bislang nicht abschließend tätig geworden. Sie hat nach den Feststellungen der Vorinstanz wegen der divergierenden wissenschaftlichen Positionen der EFSA und der nationalen Institute das Verfahren nach Art. 30 Abs. 4 VO Nr. 178/2002 eingeleitet; dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Vor diesem Hintergrund wird die Dringlichkeit und Vorsorglichkeit des nationalen Fettverfütterungsverbots nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Verbot bereits mehrere Jahre in Kraft ist. Die Kommission hat es nach Art. 4 VO Nr. 999/2001, Art. 10 Abs. 4 RL 90/425/EWG in der Hand, die Berechtigung der einzelstaatlichen Maßnahme zu prüfen. Sie kann diese in der Sache bestätigen und einen entsprechenden Rechtsakt erlassen, oder sie entkräftet die nationale Risikobewertung nach Maßgabe des in Art. 30 Abs. 4 VO Nr. 178/2002 vorgesehenen Verfahrens. Beides ist nicht geschehen. Das nationale Fettverfütterungsverbot entspricht daher dem in Art. 7 VO Nr. 178/2002 normierten Vorsorgegrundsatz, bis zur Klärung der wissenschaftlichen Unsicherheiten zur Sicherstellung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus vorläufige Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Unerheblich ist, dass andere Mitgliedstaaten eine solche Schutzmaßnahme nicht erlassen haben. Es ist Sache des jeweiligen Mitgliedstaates zu bestimmen, auf welchem Niveau er den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten will und wie dieses Niveau erreicht werden soll.

Die hiergegen angeführte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 09.09.2011 steht nicht entgegen. Dem Urteil liegt ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. Es betrifft nicht die Voraussetzungen, unter denen im Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 999/2001 eine einzelstaatliche Schutzmaßnahme zulässig ist. Verfahrensgegenstand ist vielmehr die von einem Mitgliedstaat begehrte Nichtigerklärung eines auf Art. 23 VO Nr. 999/2001 gestützten Rechtsakts der Kommission (Änderung des Anhangs VII) und die Anwendung des Vorsorgeprinzips durch die Kommission.

Das nationale Fettverfütterungsverbot verletzt auch nicht den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts überschreitet das Verbot nicht die Grenze dessen, was zur Erreichung des mit der Maßnahme verfolgten legitimen Ziels eines hohen Gesundheitsschutzniveaus geeignet und erforderlich ist. Ohne Rechtsfehler hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, die Geeignetheit des Verbots werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Bundesgebiet Wiederkäuerfleisch aus Mitgliedstaaten gehandelt werden dürfe, in denen kein Fettverfütterungsverbot bestehe. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass das Verfütterungsverbot dazu beitrage, das Übertragungsrisiko von BSE durch den Verzehr von Wiederkäuerfleisch einzuschränken. Diese Annahme behält ihre Gültigkeit auch dann, wenn Wiederkäuerfleisch aus anderen Mitgliedstaaten gehandelt und angeboten wird, zumal der inländische Verbraucher die Möglichkeit hat, bewusst heimische tierische Erzeugnisse zu wählen. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht in Betracht, weil es nach den Ausführungen des BfR und des FLI keine Analysemethode gebe, die eine zuverlässige Bestimmung und Rückverfolgbarkeit der Fettkomponenten in Mischfuttermitteln ermögliche, und weil zudem das Risiko von Kreuzkontaminationen nicht auszuschließen sei. Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden sind auch die Erwägungen, mit denen das Oberverwaltungsgericht das von der Klägerin vorgeschlagene Kontrollsystem als eine nicht gleichermaßen geeignete Maßnahme bewertet hat. Ergänzend lässt sich anführen, dass ein solches Kontrollsystem zur Sicherstellung einer effektiven behördlichen Überprüfung ebenfalls voraussetzt, dass Futtermitteltests möglich sind. Darauf stellt auch die Verordnung Nr. 999/2001 ab. Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die mit dem Fettverfütterungsverbot verbundenen Belastungen der Klägerin nicht außer Verhältnis stehen zu der mit der Maßnahme bezweckten Abwehr von Gesundheitsgefahren.

Der Mitteilungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 VO i.V.m. Art. 10 Abs. 1 UA 5 RL ist Genüge getan. Ende 2000 hat die Bundesrepublik Deutschland das Fettverfütterungsverbot unter Bezugnahme auf das Schutzklauselverfahren notifiziert. War die Maßnahme danach der Kommission und den Mitgliedstaaten bekannt, bedurfte es nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 999/2001 wenig später nicht einer erneuten Notifizierung.

Für den Fall, dass Art. 7 VO Nr. 999/2001 keine vollständige Harmonisierung der Verfütterungsverbote bewirkt hat, ist die Verbotsregelung in § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt.

Zu Recht nimmt das Berufungsgericht an, dass das nationale Verbot, Futtermittel mit tierischen Fetten an Wiederkäuer zu verfüttern, den Handel in der Europäischen Union nicht unzulässig behindert. Zwar stellt sich das nationale Fettverfütterungsverbot als Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Art. 34 AEUV dar, weil es die Einfuhr von Tierfett enthaltenden Futtermitteln aus anderen Mitgliedstaaten nach Deutschland mittelbar behindern kann. Nach Art. 34 AEUV sind solche Maßnahmen verboten. Hier greift aber die Ausnahmeregelung des Art. 36 AEUV. Danach steht Art. 34 AEUV einer den freien Warenverkehr beschränkenden einzelstaatlichen Maßnahme unter anderem nicht entgegen, wenn die Maßnahme zum Schutze der Gesundheit von Menschen oder Tieren gerechtfertigt ist. Das ist der Fall, wenn tatsächlich eine Gesundheitsgefahr besteht und die mitgliedstaatliche Regelung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Bei der Bewertung des gesundheitlichen Risikos kann sich der nationale Gesetzgeber auf das Vorsorgeprinzip stützen. Gemessen daran ist die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB sei eine zulässige Beschränkung der unionsrechtlichen Warenverkehrsfreiheit, nicht zu beanstanden. Dass das Fettverfütterungsverbot das Verhältnismäßigkeitsgebot nicht verletzt, wurde bereits ausgeführt; die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit im Rahmen von Art. 36 AEUV und von Art. 10 Abs. 1 UA 4 RL 90/425/EWG unterscheiden sich nicht. Die Verbotsregelung ist auch nicht diskriminierend (Art. 36 Satz 2 AEUV), weil sie unterschiedslos für einheimische und für aus anderen Mitgliedstaaten verbrachte Futtermittel gilt.

Einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht. Die von der Klägerin als klärungsbedürftig angesehene Frage der Vollharmonisierung der Verfütterungsverbote ist – wie gezeigt – nicht entscheidungserheblich. Die Voraussetzungen, unter denen eine nationale Regelung als Schutzmaßnahme im Sinne von Art. 10 RL 90/425/EWG anzusehen ist, sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt. Ob sie im konkreten Einzelfall erfüllt sind, obliegt der Beurteilung durch das nationale Gericht. Dass der Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 UA 4 RL 90/425/EWG über die Verweisung in Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 999/2001 eröffnet ist, ist – wie dargelegt – nicht zweifelhaft. Schließlich sind auch die Voraussetzungen, unter denen eine nationale Regelung nach Art. 36 AEUV zum Schutze der Gesundheit gerechtfertigt sein kann, in der Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt.

Die Verbotsregelung in § 18 Abs. 1 Satz 1 LFGB verletzt keine Grundrechte der Klägerin. Der Eingriff in die unternehmerische Freiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) oder in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) ist durch hinreichende Gründe des öffentlichen Wohls gerechtfertigt und beschwert die Klägerin nicht unverhältnismäßig. Insoweit gelten die Ausführungen zum Unionsrecht entsprechend. Im Übrigen trägt eine artgerechte, also die natürliche Ernährung von Wiederkäuern beachtende Fütterung auch dem Gedanken des Tierschutzes (Art.20a GG) Rechnung.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. September 2011 – 3 C 26.10