Unentgeltliche Übertragung des Verpachtungsbetriebs

Eine Entnahme bzw. Einlage i.S. des § 4 Abs. 4a EStG liegt nicht vor, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb, der zunächst nur pachtweise zur Bewirtschaftung überlassen wurde, ohne dass der Betriebsverpächter die Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs erklärt, mit der Folge unentgeltlich auf den bisherigen Pächter übertragen wird, dass der während der Verpachtung in zwei Betriebe (Verpachtungsbetrieb und Pachtbetrieb) aufgespaltene landwirtschaftliche Eigentumsbetrieb nunmehr in der Person des Pächters wiedervereinigt wird.

Unentgeltliche Übertragung des Verpachtungsbetriebs

Gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahrs übersteigen (§ 4 Abs. 4a Satz 2 EStG). Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 v.H. der Überentnahme des Wirtschaftsjahrs zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt (§ 4 Abs. 4a Satz 3 EStG). Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Satz 4 EStG).

Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG sind mangels einer besonderen Definition in dieser Vorschrift grundsätzlich in Anknüpfung an die Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG zu bestimmen. Unter Berücksichtigung der systematischen Stellung und der gesetzgeberischen Konzeption des § 4 Abs. 4a EStG, die darauf abzielt, eine Gewinnhinzurechnung bei Vorliegen von Überentnahmen in dem Betrieb vorzunehmen, für den eine eigenständige Gewinnermittlung durchgeführt wird, ist die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs ausschließlich betriebsbezogen auszulegen. Hat der Steuerpflichtige daher mehrere Betriebe oder ist er an mehreren Personengesellschaften beteiligt, ist der Schuldzinsenabzug für jeden Betrieb bzw. Mitunternehmeranteil eigenständig zu ermitteln. Ausgehend von diesem Gesetzesverständnis, wonach die Schuldzinsenkürzung maßgeblich an den Umstand des Eigenkapitalentzugs bei der jeweiligen betrieblichen Einheit anknüpft, stellt grundsätzlich jede Überführung oder Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem betrieblichen Bereich des Steuerpflichtigen in einen anderen betrieblichen Bereich desselben oder eines anderen Steuerpflichtigen eine Entnahme beim abgebenden und eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i.S. des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG dar.

Eine Entnahme bzw. eine Einlage i.S. des § 4 Abs. 4a EStG liegt indes nicht vor, soweit ein Betrieb oder Mitunternehmeranteil gemäß § 6 Abs. 3 EStG unentgeltlich übertragen worden ist. Denn bei der unentgeltlichen Betriebs- oder Mitunternehmeranteilsübertragung wird der nämliche Betrieb vom Rechtsnachfolger fortgeführt; der Rechtsnachfolger rückt in die Rechtsposition des Rechtsvorgängers ein. Die beim bisherigen Betriebsinhaber entstandenen Über- oder Unterentnahmen gehen auf den Rechtsnachfolger über. Die unentgeltliche Betriebs- oder Mitunternehmeranteilsübertragung kann daher ihrerseits keine Entnahme bzw. Einlage i.S. des § 4 Abs. 4a EStG auslösen.

Diese Rechtsprechung gilt gleichermaßen, wenn der bisher als Eigentumsbetrieb bestehende landwirtschaftliche Betrieb zunächst nur pachtweise, im Streitfall dem zukünftigen Hoferben, zur Bewirtschaftung überlassen wurde, ohne dass der Betriebsverpächter die Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs erklärt hatte, und der Verpachtungsbetrieb erst zu einem späteren Zeitpunkt unentgeltlich auf den bisherigen Pächter (hier den Hoferben) mit der Folge übertragen wird, dass der während der Verpachtung in zwei Betriebe (Verpachtungsbetrieb und Pachtbetrieb) aufgespaltene landwirtschaftliche Eigentumsbetrieb nunmehr in der Person des Pächters (hier des Hoferben) wiedervereinigt wird.

Durch die Betriebsverpachtung wird ein bisher aktiv bewirtschafteter Betrieb nicht aufgegeben. Die Betriebsverpachtung stellt lediglich eine Nutzung des bisher aktiv bewirtschafteten Betriebs in anderer Form dar, bis dessen Aufgabe erklärt wird. Dies hat zur Folge, dass während der Verpachtung zwei Betriebe existieren. Einerseits der Verpachtungsbetrieb (Eigentumsbetrieb) in der Hand des Verpächters, hier der Mutter des Klägers, und andererseits der Pachtbetrieb in der Hand des Pächters, hier des Klägers.

Durch die (unentgeltliche) Übertragung des Verpachtungsbetriebs auf den Pächter im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG tritt der Pächter zugleich in die Rechtsposition des Verpächters ein. Die Vereinigung der Forderung und der Schuld aus dem Pachtverhältnis in der Person des Pächters führt damit zum Erlöschen des Pachtvertrags (sog. Konfusion). Dies hat notwendigerweise zur Folge, dass der Pachtbetrieb endet. Bei diesem Vorgang handelt es sich aber nicht um eine Betriebsaufgabe im steuerlichen Sinn. Vielmehr wird nunmehr der Pachtbetrieb in anderer Form, nämlich als Eigentumsbetrieb, fortgeführt. Gleichzeitig, also mit dem Ende des Pachtbetriebs, endet auch der Verpachtungsbetrieb. Dieser Betrieb wird durch die Übertragung ebenfalls nicht aufgegeben, sondern in Folge der Konfusion vom Rechtsnachfolger wieder in der ursprünglichen Form als aktiv bewirtschafteter Eigentumsbetrieb fortgeführt. Denn der aktiv bewirtschaftete Betrieb ist -wie vorstehend ausgeführt- mangels Betriebsaufgabe durch den Rechtsvorgänger in Folge der zwischenzeitlichen Verpachtung nicht aufgegeben, sondern nur in anderer Form fortgeführt worden. Der bisherige Verpachtungsbetrieb (Eigentumsbetrieb) ist mithin (teil-)identisch mit dem Betrieb, der nach der Übertragung auf den Pächter von diesem fortgeführt wird. Im Ergebnis wird der während der Verpachtung in zwei Betriebe (Verpachtungsbetrieb und Pachtbetrieb) aufgespaltene landwirtschaftliche Eigentumsbetrieb in der Person des Pächters wiedervereinigt. Die dem bisherigen Pachtbetrieb und die dem bisherigen Verpachtungsbetrieb zugeordneten Wirtschaftsgüter werden daher lediglich buchungstechnisch zusammengeführt und nunmehr dem Betriebsvermögen des fortgeführten Eigentumsbetriebs zugeordnet.

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen kommt im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG wegen der fortbestehenden Betriebsidentität, anders als die Kläger meinen, eine Einlage der Wirtschaftsgüter des Verpachtungsbetriebs der Mutter (Eigentumsbetrieb) in den durch Konfusion beendeten Pachtbetrieb des Klägers nicht in Betracht. Ebenso wenig kommt eine Einlage der bisher dem Pachtbetrieb zugeordneten Wirtschaftsgüter in den Verpachtungsbetrieb in Betracht, nachdem dieser auf den Kläger übertragen und von diesem als Eigentumsbetrieb fortgeführt worden ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. Dezember 2013 – IV R 17/10