Grunderwerbsteuer in der Flurbereinigung

Eine Landzuteilung im Flurbereinigungsverfahren ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG grunderwerbsteuerfrei, soweit der Wert der dem Teilnehmer bei Beendigung zugeteilten Grundstücke nicht den Wert der von ihm eingebrachten Grundstücke übersteigt. Dies gilt auch, wenn ein Teilnehmer der Flurbereinigung einerseits durch Landverzichtserklärung eines anderen Teilnehmers gemäß § 52 Abs. 3 Satz 2 FlurbG einen Abfindungsanspruch in Land erwirbt und zum anderen für von ihm selbst in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachte Grundstücke zugunsten eines Dritten auf eine Abfindung in Land verzichtet.

Grunderwerbsteuer in der Flurbereinigung

Zwar ist die Landzuteilung an den Teilnehmer einer Flurbereinigung in dem Umfang, in dem zu seinen Gunsten ein Dritter einer Abfindung in Geld statt in Land zugestimmt hat, grundsätzlich nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG steuerbefreit. Diese Steuerbefreiung ist auf alle Landzuteilungen zugunsten des Teilnehmers anzuwenden, deren Wert nicht den Wert der vom Teilnehmer in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachten Grundstücke überschreitet.

Der Grunderwerbsteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, wenn die Teilnehmerin aufgrund der vorzeitigen Ausführungsanordnung des Flurbereinigungsplans gemäß § 61 Satz 2 FlurbG Eigentümerin der Ersatzgrundstücke geworden ist, ohne dass ein einen Übereignungsanspruch begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und ohne dass es einer Auflassung bedurfte.

Die der Ausführungsanordnung vorangegangene Landverzichtserklärung des früheren Eigentümers zugunsten der Teilnehmerin ist kein Rechtsgeschäft, das für die Teilnehmerin einen Anspruch auf Übereignung der entsprechenden Flächen begründet hat. Die Landverzichtserklärung, mit der lediglich der Abfindungsanspruch des Verzichtenden auf den begünstigten Dritten übergeht, bereitet den Erwerb des Eigentums an den Ersatzgrundstücken lediglich vor und unterliegt weder nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 noch nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer[1].

Für die Eigentumsübertragung auf die Teilnehmerin war nicht schon deshalb Grunderwerbsteuer festzusetzen, weil sie aufgrund der zu ihren Gunsten erfolgten Landverzichtserklärung des früheren Eigentümers einen Anspruch auf Landabfindung erworben hat.

Das Flurbereinigungsverfahren ist ein gesetzlich geregelter Grundstückstausch, der gemäß § 1 FlurbG der Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Förderung der allgemeinen Landeskultur und Landesentwicklung dient. Es wird beherrscht von dem Grundsatz der wertgleichen Abfindung. Jeder Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens ist gemäß § 44 FlurbG für seine Grundstücke unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge mit Land von gleichem Wert (zur Wertermittlung vgl. §§ 27 ff. FlurbG) abzufinden.

Die Abfindung erfolgt gemäß § 44 Abs. 1 FlurbG grundsätzlich als Landabfindung. Ungeachtet eines etwaigen Wertausgleichs aufgrund in Geld auszugleichender unvermeidbarer Mehr- oder Minderausweisungen von Land (§ 44 Abs. 3 FlurbG) tritt die Landabfindung an die Stelle der alten Grundstücke (§ 68 Abs. 1 Satz 1 FlurbG).

Der Verzicht auf Landabfindung gemäß § 52 Abs. 1 FlurbG, durch den mit seiner Unwiderruflichkeit (§ 52 Abs. 2 FlurbG) der Anspruch auf Abfindung in Land erlischt, kann „zugunsten eines bestimmten Dritten“ (§ 52 Abs. 3 Satz 2 FlurbG) erfolgen. Mit der späteren Eigentumszuweisung an den Dritten wird dessen auf § 44 FlurbG beruhender Abfindungsanspruch erfüllt. Dieser Erwerb wird zwar vom Wortlaut des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG erfasst. Diese Vorschrift bedarf aber ausgehend von ihrem Zweck, den Erwerb des Eigentums durch die Abfindung in Land in dem Umfang von der Grunderwerbsteuer zu befreien, in dem der Teilnehmer eigenes Land hergeben musste, einer einschränkenden Auslegung. Ausgehend von diesem Grundgedanken ist die Eigentumszuweisung an einen Dritten, der erst durch den Landabfindungsverzicht eines Teilnehmers in das Flurbereinigungsverfahren einbezogen wurde, nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG steuerfrei. Dies muss grundsätzlich auch dann gelten, wenn der durch die Landverzichtserklärung begünstigte Dritte bereits Teilnehmer der Flurbereinigung war und aufgrund der Verzichtserklärung eine (weitere) Zuteilung von Land beanspruchen kann[2].

In Ausnahme von diesen Rechtsgrundsätzen ist eine Landzuteilung im Flurbereinigungsverfahren gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG dann grunderwerbsteuerfrei, wenn die vom Teilnehmer in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachten Grundstücke ihrem Wert nach den diesem Teilnehmer bei Beendigung des Flurbereinigungsverfahrens zugeteilten Flächen entsprechen. In diesem Fall ist für eine einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG kein Raum. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Teilnehmer der Flurbereinigung einerseits durch Landverzichtserklärung eines anderen Teilnehmers gemäß § 52 Abs. 3 Satz 2 FlurbG einen Abfindungsanspruch in Land erwirbt und zum anderen für von ihm selbst in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachte Grundstücke zugunsten eines Dritten auf eine Abfindung in Land verzichtet. In diesem Fall ist eine Eigentumszuweisung an den Teilnehmer aufgrund der Ausführungsanordnung zum Flurbereinigungsplan nur insoweit steuerpflichtig, als der Wert der zugeteilten Grundstücke den Wert der in die Flurbereinigung eingebrachten Grundstücke übersteigt.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. Oktober 2014 – II R 10/14

  1. BFH, Urteile vom 17.05.2000 – II R 47/99, BFHE 191, 426, BStBl II 2000, 627; und vom 23.08.2006 – II R 41/05, BFHE 213, 406, BStBl II 2006, 919[]
  2. BFH, Urteil in BFHE 213, 406, BStBl II 2006, 919[]