Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs

Ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen aufgegeben[1].

Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs

Eine Betriebsaufgabe i.S. von § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt[2]. Diese Definition gilt nach § 14 Satz 2 EStG auch für die Aufgabe eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs[3].

Ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben[4]. Denn der Grund und Boden ist für dessen Betriebsfortführung unerlässlich[5]. Die bloße Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs führt demgegenüber nicht zu einer Betriebsaufgabe. Das gilt auch dann, wenn die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglichen[6].

Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Ganzen oder parzellenweise verpachtet, kann der Verpächter bei Einstellung der werbenden Tätigkeit wählen, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S. des § 14 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 3 EStG behandelt und damit die Gegenstände seines Betriebs in sein Privatvermögen überführt mit der Folge, dass die im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven realisiert werden, oder ob er den Betrieb während der Verpachtung in anderer Form fortführen will (sog. Verpächterwahlrecht)[7]. Aus Beweisgründen kann die Absicht, der Betrieb werde bei einer Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen endgültig aufgegeben, nur bei einer unmissverständlichen und eindeutigen Aufgabeerklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden[8]. Liegt eine derartige Erklärung nicht vor, ist das bisherige Betriebsvermögen in der Regel so lange weiter als Betriebsvermögen anzusehen, wie dies rechtlich möglich ist[9].

Eine gewerbliche oder freiberufliche Mitunternehmerschaft hat auch bei verschiedenartiger Tätigkeit einkommensteuerrechtlich nur einen Betrieb; sie kann aber unter Umständen mehrere Teilbetriebe unterhalten[10]. Für eine land- und forstwirtschaftliche Mitunternehmerschaft gilt insoweit nichts anderes[11].

Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein lebensfähig ist[12]. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bildet ein einzelnes Wirtschaftsgut, insbesondere ein landwirtschaftliches Grundstück, mag es auch wertvoll sein und mit zu den funktional wesentlichen Grundlagen eines Betriebs gehören, grundsätzlich keinen Teilbetrieb[13].

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird ein landwirtschaftlicher Betrieb aufgegeben, wenn die landwirtschaftlichen Flächen nach dem Tod des Betriebsinhabers auf die Erben aufgeteilt werden[14].

Mit der Übertragung der letzten zum Betriebsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücke wurde der landwirtschaftliche Betrieb der Erbengemeinschaft als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens aufgelöst[15]. Denn mit der vollständigen Übertragung des Grund und Bodens war der landwirtschaftliche Eigentumsbetrieb der Erbengemeinschaft seiner Existenzgrundlage vollständig enthoben.

Besteht der Betrieb -wie im Streitfall- nicht aus zwei Teilbetrieben, ist es zudem ausgeschlossen, dass die Erbengemeinschaft die Erwerber zwei (Teil-)Betriebe zum Buchwert übertragen hat (gemäß § 7 Abs. 1 EStDV a.F.; nunmehr § 6 Abs. 3 EStG). Gegenstand der Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG bzw. § 7 Abs. 1 EStDV a.F. ist die betriebliche Sachgesamtheit in dem Umfang, den sie im Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs hat[16].

Mit der Aufgabe des Betriebs der Erbengemeinschaft haben die landwirtschaftlichen Grundstücke ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen verloren. Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür, das Flurstück auch nach der Betriebsaufgabe (weiterhin) als Betriebsvermögen des Klägers zu behandeln. Der Kläger hatte weder ein Verpächterwahlrecht noch führen die Grundsätze der Realteilung im Streitfall zur Annahme von Betriebsvermögen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. Mai 2018 – VI R 66/15

  1. Bestätigung des BFH, Urteils vom 16.11.2017 – VI R 63/15, BFHE 260, 138[]
  2. BFH, Urteil vom 16.11.2017 – VI R 63/15, BFHE 260, 138, m.w.N.[]
  3. BFH, Urteile vom 19.05.2005 – IV R 17/02, BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637; und vom 16.12 2009 – IV R 7/07, BFHE 228, 59, BStBl II 2010, 431[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 228, 59, BStBl II 2010, 431[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 260, 138[]
  6. BFH, Urteile vom 05.05.2011 – IV R 48/08, BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792, Rz 32; und vom 30.08.2007 – IV R 5/06, BFHE 218, 569, BStBl II 2008, 113, unter II. 1.b, m.w.N.[]
  7. BFH, Urteile vom 15.04.2010 – IV R 58/07, BFH/NV 2010, 1785; und vom 08.03.2007 – IV R 57/04, BFH/NV 2007, 1640, m.w.N.[]
  8. z.B. BFH, Urteil in BFH/NV 2007, 1640, m.w.N.[]
  9. BFH, Urteile vom 26.08.2004 – IV R 52/02, BFH/NV 2005, 674; vom 19.03.2009 – IV R 45/06, BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902, zu einem gewerblichen Betrieb, und in BFHE 234, 11, BStBl II 2011, 792[]
  10. BFH, Urteil vom 13.07.2016 – VIII R 56/13, BFHE 254, 398, BStBl II 2016, 936[]
  11. Leingärtner/Stephany, Besteuerung der Landwirte, Kap. 50, Rz 23[]
  12. BFH, Urteil in BFHE 260, 138, Rz 17; BFH, Urteil vom 09.11.2000 – IV R 60/99, BFHE 193, 433, BStBl II 2001, 101, m.w.N.[]
  13. BFH, Urteil in BFHE 260, 138, Rz 20, m.w.N.[]
  14. BFH, Urteile vom 26.09.2013 – IV R 16/10, BFH/NV 2014, 324; und vom 14.07.2016 – IV R 19/13, BFH/NV 2016, 1702; ebenso Finanzgericht Bremen, Urteil vom 23.08.2004 2 K 328/03 (1), juris; a.A. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 02.07.2013 15 K 265/11, EFG 2013, 1747; Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, D Rz 61f[]
  15. s. BFH, Urteile in BFHE 228, 59, BStBl II 2010, 431; in BFH/NV 2014, 324, und in BFH/NV 2016, 1702[]
  16. BFH, Urteil in BFH/NV 2016, 1702[]