Legehennen – und das Problem der männlichen Küken

Das in Brütereien praktizierte Töten männlicher Eintagsküken aus Legehennenrassen verstößt nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen nicht gegen das Tierschutzgesetz.

Legehennen – und das Problem der männlichen Küken

ühner werden in der Geflügelwirtschaft zur Eier- und Fleischerzeugung genutzt. Durch das Ausbrüten von Hühnereiern entstehen je zur Hälfte weibliche und männ­liche Küken. Da zur Fleischerzeugung ganz überwiegend Tiere aus spezialisierten Fleischrassen eingesetzt werden, werden die männlichen Küken der Legehennenrassen, weil sie zu wenig Fleisch ansetzen, kurz nach dem Schlüpfen getötet. In Deutschland betraf das im Jahr 2012 etwa 45 Millionen männliche Küken.

Die nordrhein-westfälischen Kreise, in denen die 12 Brüterein des Landes ansässig sind, hatten diese seit Jahrzehnten allgemein übliche Praxis auf Weisung des zuständigen nordrhein-westfälischen Ministeriums untersagt. So hatten auch der Kreis Gütersloh und der Kreis Paderborn jeweils gegenüber einem Betreiber von Brütereien in ihrem Kreisgebiet entsprechende Untersagungs­verfügungen erlassen. Das Verwaltungsgericht Minden gab den Klagen dieser Betreiber statt[1]. Die gegen diese beiden Urteile eingelegten Berufungen der Kreise Gütersloh und Padern hat nun das Oberverwaltungsgericht in Münster zurückgewiesen:

Das Tierschutzgesetz erlaube, so die Münsteraner Richter, das Töten von Tieren, wenn dafür ein vernünftiger Grund im Sinne des Gesetzes vorliege. Für die von den Kreisen untersagte Tötung männlicher Küken bestehe ein solcher Grund. Zur Feststellung eines vernünftigen Grundes sei eine Abwägung der betroffenen Belange vorzunehmen. Dabei seien ethische Gesichtspunkte des Tierschutzes und menschliche Nutzungsinteressen zu berücksichtigen, ohne dass einem der Belange ein strikter Vorrang zukomme. Die Aufzucht der männlichen Küken der Legelinien stehe im Widerspruch zum erreichten Stand der Hühnerzucht und den wirtschaft­lichen Rahmenbedingungen. Technische Verfahren, um nur noch Eier mit weiblicher DNA auszubrüten, seien noch nicht praxistauglich. Die Aufzucht der ausgebrüteten männlichen Küken aus einer Legehennenrasse sei für die Brütereien mit einem un­verhältnismäßigen Aufwand verbunden. Würden diese Küken aufgezogen, seien sie von den Brütereien praktisch nicht zu vermarkten. Ausgewachsene Hähne der Legehennenrassen seien allenfalls ein Produkt für eine kleine Absatznische. Die Tötung der Küken sei daher Teil der Verfahren zur Versorgung der Bevölkerung mit Eiern und Fleisch. Die wirtschaftliche Gestaltung dieser Verfahren sei für die Brütereien als Erzeuger der Küken unvermeidbar. Hiervon seien auch die für den Tierschutz verantwortlichen staatlichen Stellen über Jahrzehnte hinweg unter Gel­tung des Tierschutzgesetzes einvernehmlich mit den Brütereien ausgegangen.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein -Westfalen – Urtele vom 20. Mai 2016 – 20 A 488/15 und 20 A 530/15

  1. VG Minden, Urteil vom 06.02.2015 – 2 K 80/14 und 2 K 83/14[]